Die Metropole im Wachstumsrausch

Laut Wirtschafts- und Innovationsbericht wächst keine deutsche Stadt so stark wie die Bundeshauptstadt

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

Mehr Wachstum, mehr Wohlstand, so lautet der neoliberale Zeitgeist. So gesehen hat die Wirtschaftssenatorin Ramona Pop gute Nachrichten zu verkünden: »Keine deutsche Stadt wächst so stark wie Berlin«, freut sich die Grünen-Politikerin bei der Vorstellung des »Wirtschafts- und Innovationsberichts 2016/17« am Freitag. Mit einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2016 um 2,7 Prozent liegt Berlin zum dritten Mal in Folge über dem Bundesdurchschnitt (plus 1,9 Prozent). Auch im Beschäftigungsbereich schneidet Berlin mit einem Zuwachs um ebenfalls 2,7 Prozent besser ab als Deutschland insgesamt (plus 1,2 Prozent). Fast 50 000 neue Arbeitsplätze kamen im Jahr 2016 hinzu, rund 60 000 sind es bereits in diesem Jahr. »Dabei handelt es sich keineswegs um prekäre Beschäftigungsverhältnisse«, sagt die Senatorin, sondern um »gut bezahlte und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze«. Die meisten davon seien in der Dienstleistungsbranche entstanden, also in Tourismus, Handel und wirtschaftsnahen Unternehmensdienstleistungen. Insgesamt liegt Berlin mit einer Erwerbstätigenquote von 71,6 Prozent jedoch unter dem Bundesdurchschnitt (74,7 Prozent).

Dennoch jubiliert die Senatorin: »Berlin bricht alle Rekorde!« Doch wo es Gewinner gibt, muss es auch Verlierer geben. Welchen Preis die von der Senatorin gepriesene »rasante Entwicklung« Berlins hat, zeigt sich nicht zuletzt auf dem Immobilienmarkt. Zwar schreibt sich die Grünen-Politikerin eine wirtschaftspolitische Strategie auf die Fahne, die »die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger nachhaltig verbessert, ohne dabei ihre eigenen Grundlagen zu zerstören, weder die sozialen, noch die ökologischen«. Der Flächenknappheit in Berlin bei gleichzeitiger erhöhter Nachfrage nach Wohn- und Gewerbeflächen hat die Senatorin dennoch wenig entgegenzusetzen.

Wie also soll der gestiegene Bedarf an Gewerbeflächen befriedigt werden, ohne dass die Berliner darunter leiden? Die Senatorin räumt ein, dass hier noch einiges getan werden muss: »Wirtschaftliches Wachstum geht mit einer zunehmenden Knappheit an Flächen einher. Insgesamt besteht hier dringender Handlungsbedarf - für Investitionen der Unternehmen, für Wohnhäuser für die wachsende Bevölkerung.« Besonders bedeutend sei die Schließung des Flughafens Tegel und die dadurch frei werdenden Flächen. Die auf dem Flughafengelände geplante »Urban Tech Republic« sei »das Zukunftsprojekt Berlins« heißt es in dem Bericht. So soll neben einem Technologiepark rund um das Flughafengelände ein städtisches Quartier mit mindestens 5000 Wohnungen und 20 000 Arbeitsplätzen entstehen.

Ein weiterer wichtiger Wachstumsfaktor ist die Tourismusbranche. So ist Berlin nach London und Paris das wichtigste Städtereise-Ziel in Europa und hat mit über 31 Millionen Übernachtungen 2016 die Rekordmarke vom Vorjahr noch einmal steigern können. Doch immer neue Rekorde bedeuten zugleich mehr Einschränkungen für die Berliner.

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