Werbung

AKW-Millionen aus dem Ausstiegsland

32 Millionen Euro haben die Pensionskassen des Bundes in Atomkraft investiert, im Ausland / Grüne und Linkspartei fordern Ausstieg aus Atom-Investments

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

Deutschland legt Gelder seiner Fonds für pensionierte Beamte auch bei Atomkonzernen an. Wie aus einer dem »nd« vorliegenden, noch unveröffentlichten Antwort diverser Bundesministerien auf Anfragen von Grünen und Linkspartei hervorgeht, belaufen sich diese Investments auf mindestens 32 Millionen Euro. Besonders pikant: Darunter sind auch Aktien im Wert von 6,4 Millionen Euro des Betreibers der belgischen AKW Doel und Tihange, deren Abschaltung die Bundesregierung fordert.

Die Pensionskassen speisen sich aus zwei Sondervermögen: der »Versorgungsrücklage des Bundes« und dem »Versorgungsfonds des Bundes«. Die 1982 eingeführte Rücklage soll die Zahlung der Versorgungsleistungen für Beamte im Ruhestand sicherstellen. Das Bundesinnenministerium ist dabei verantwortlich für die Anlage der angesammelten Gelder und Erträge. Der 1998 aufgelegte Versorgungsfonds wiederum dient der Finanzierung der Versorgungsausgaben für Beamte, Richter und Berufssoldaten, die ab 2007 ihren Dienst antraten. Bis zu zehn Prozent dieses Sondervermögens können auch in Aktien angelegt werden.

Nach Angaben der Bundesregierung stecken mehr als 13 Millionen Euro der Versorgungsrücklage und über 19 Millionen Euro des Versorgungsfonds in Firmen, die in Europa Atomkraftwerke betreiben. Neben E.on werden der spanische Stromkonzern Iberdrola, das italienische Energie-Unternehmen Enel sowie die belgische Nuklearfirma Engie-Electrabel genannt. Iberdrola mit Sitz in Bilbao zählt zu den zehn größten Stromproduzenten in Europa und ist am Betrieb aller fünf Atomkraftwerke in Spanien beteiligt. Enel produziert und vertreibt Strom und Erdgas in mehr als 30 Staaten. Das Unternehmen ist unter anderem in der Slowakei ebenfalls an AKW-Projekten beteiligt.

Engie-Electrabel betreibt in Belgien die wegen Rissen in den Reaktordruckbehältern in der Kritik stehenden AKW Tihange und Doel. Erst Ende Juni forderten 50 000 Demonstranten mit einer Menschenkette im Dreiländereck Belgien-Holland-Deutschland die Abschaltung der als besonders gefährlich geltenden Blöcke Tihange 2 und Doel 3. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) will, dass diese beiden Reaktoren, die übrigens von deutschen Fabriken mit Brennstäben beliefert werden, vom Netz gehen. Bis vor Kurzem war auch der Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen an Engie-Electrabel beteiligt - nach Protesten verkaufte das Land diese Anteile.

Die Opposition ist entsetzt über das deutsche Atom-Investment: »Es ist unredlich, aberwitzig und völlig falsch, dass gerade das Atomausstiegsland Deutschland öffentliches Geld in Konzerne steckt, die Atomkraftwerke betreiben«, sagte die atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, gegenüber »nd«. In Belgien handele es sich zudem um »Schrottmeiler, die bekanntermaßen eine besondere Gefahr für die Menschen in Deutschland darstellen«. Diese unverantwortlichen Geldanlagen des Bundes gehörten schnellstmöglich abgestoßen.

Auch der Atomexperte der Linksfraktion, Hubertus Zdebel, fordert den Ausstieg aus den Investments: »Den Bürgern in Nordrhein-Westfalen Jodtabletten gegen den Super-GAU zu verabreichen und still und leise die riskanten Atomgeschäfte zu finanzieren, ist an Doppelzüngigkeit kaum zu überbieten.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal