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LINKE zweitstärkste Partei noch vor der SPD

Starke Verluste auch für die CDU bei Bundestagswahl / Große Gewinne für rechtspopulistische AfD sowie die FDP

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor allem in der hauptstädtischen SPD dürfte das Bundestagswahlergebnis für Erschütterungen sorgen. Mit 17,9 Prozent der Zweitstimmen landeten die Sozialdemokraten in Berlin auf Platz Drei, noch hinter der Linkspartei (18,8 Prozent) und der CDU (22,7 Prozent). Die Grünen behaupteten mit 12,6 Prozent den vierten Rang, knapp vor der AfD (12 Prozent). Für die FDP haben 8,9 Prozent der Wähler gestimmt.

Im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 verloren die sogenannten Volksparteien deutlich. Die CDU verlor 5,8 Prozent Zustimmung, von der SPD wandte sich sogar mehr als jeder vierte Wähler ab - minus 6,7 Prozent.

Die Gewinner der zwölf Wahlkreise

Die LINKE konnte ihre vier Direktmandate in der Hauptstadt verteidigen. In Pankow lag Stefan Liebich mit 28,8 Prozent in der Wählergunst deutlich vor dem zweitplatzierten CDU-Kandidaten. Gregor Gysi erzielte in Treptow-Köpenick mit 39,9 Prozent das beste Erststimmenergebnis seiner Partei bundesweit. Sein CDU-Gegenkandidat kam mit 19 Prozent auf nicht einmal halb so viele Stimmen. Spitzenkandidatin Petra Pau lag in der Wählergunst in Marzahn-Hellersdorf mit 34,4 Prozent deutlich vor CDU-Landeschefin und Spitzenkandidatin Monika Grütters (22,3 Prozent). Und auch Gesine Lötzsch holte mit komfortablen 34,7 Prozent erneut ihren Lichtenberger Wahlkreis. Viel hätte nicht gefehlt, und Pascal Meiser hätte mit 24,9 Prozent in Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost der Grünen Canan Bayram das Direktmandat abgeluchst. Doch mit 26,3 Prozent konnte sie den ehemaligen Ströbele-Wahlkreis halten. In Mitte kam Stephan Rauhut mit 20,4 Prozent auf einen respektablen zweiten Platz hinter SPD-Spitzenkandidatin Eva Högl, die mit 23,5 Prozent obsiegte. Die SPD-Kandidaten Fritz Felgentreu (Neukölln, 26,8 Prozent) und Swen Schulz (Spandau-Charlottenburg Nord, 32,1 Prozent) konnten sich knapp gegen ihre CDU-Kontrahenten Christina Schwarzer und Kai Wegner durchsetzen. Klaus-Dieter Gröhler (Charlottenburg-Wilmersdorf, 30,2 Prozent) von der CDU behauptete sich knapp gegen Tim Renner von der SPD. Mit deutlichem Vorsprung gewannen für die CDU Frank Steffel (Reinickendorf, 36,8 Prozent), Thomas Heilmann (Steglitz-Zehlendorf, 35,4 Prozent) und Jan-Marco Luczak (Tempelhof-Schöneberg, 29 Prozent) ihre Wahlkreise. nic

»Aus unserer Sicht ist die Wahl gut verlaufen«, sagt dagegen LINKEN-Landeschefin Katina Schubert. 0,3 Prozent mehr errang die Partei im Vergleich zu 2013. »Wir konnten unsere vier Direktmandate verteidigen und haben ein fünftes für Pascal Meiser nur sehr knapp verpasst«, sagt Schubert. Eine wirkliche Überraschung für die Sozialisten war das extrem gute Abschneiden von Stephan Rauhut, Direktkandidat in Mitte. »Das haben wir ehrlich gesagt so nicht erwartet«, erklärt die Politikerin. Insgesamt wird der Landesverband sechs Abgeordnete der künftigen Linksfraktion im Bundestag stellen.

Die sechste im Bunde ist Evrim Sommer. »Die Nacht war ein Horror, aber es hat doch geklappt«, sagt sie »nd« am Montagmorgen. Denn auf sie entfiel Ausgleichsmandat Nummer 69, das allerletzte vergebene. Wegen technischer Probleme bei der Berliner Landeswahlleiterin wurden die Ergebnisse erst tief in der Nacht veröffentlicht. Diesen Dienstag wird Sommer schon das erste Treffen der Bundestagsfraktion besuchen.

Direktmandate in Berlin: Linke holte Pankow, Grüne Friedrichshain-Kreuzberg, SPD gewinnt Mandate knapp

Auch die Berliner Grünen konnten wider Erwarten ihr Ergebnis gegenüber 2013 um 0,3 Prozent leicht verbessern. Das Grüne Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost konnte knapp verteidigt werden. In der Folge wechselt Canan Bayram vom Abgeordnetenhaus in den Bundestag. Genau wie Stefan Gelbhaar, der über die Landesliste einzieht. Daneben behalten Renate Künast und Lisa Paus ihre Bundestagsmandate.

Die AfD konnte ihr Zweitstimmenergebnis gegenüber der letzten Bundestagswahl (4,9 Prozent) mehr als verdoppeln. Neben Spitzenkandidatin Beatrix von Storch, die ihr Europamandat aufgibt, ziehen noch drei weitere Rechtspopulisten auf Berliner Ticket in den Bundestag ein.

»Unsere neuen linken Abgeordneten werden den Geist unserer Stadt - Offenheit, Toleranz und Solidarität - in den Bundestag tragen. Das ist angesichts des bundesweiten Rechtsrucks wichtiger denn je«, sagt Katina Schubert. »Die AfD im Bundestag wird schrecklich werden«, sagt Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. »Aber die Erfahrung auch aus dem Abgeordnetenhaus zeigt, dass das Parlamentarische nicht so ihres ist.«

Auch die FDP konnte ihr Wahlergebnis von 3,6 Prozent 2013 diesmal mehr als verdoppeln. Sie entsendet drei Abgeordnete in den Bundestag.

Und die SPD? Juso-Landeschefin Annika Klose will personelle Konsequenzen auf der Bundesebene. »Auf der Landesebene wäre ich da vorsichtiger«, sagt sie. Kapek sieht Rot-Rot-Grün im Wahlergebnis bestätigt, wenn sich auch die Gewichte Richtung LINKE und Grüne zulasten der SPD verschoben hätten. Ob die SPD das intern auch so locker sehen wird, bleibt abzuwarten.

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