nd-aktuell.de / 04.10.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 12

Kleine Raupe Nimmersatt macht Ärger

Neue Schädlinge bereiten den Gärtnern im Wörlitzer Park große Sorgen und viel Arbeit

Maximilian Mühlens, Wörlitz

Es ist warm im historischen Palmenhaus des Wörlitzer Parks in Sachsen-Anhalt. Die großen Fensterscheiben fangen die Sonnenstrahlen auf, speichern die Wärme und geben diese in den großen Raum hinter der Fensterfront ab. Währenddessen robbt sich eine spanische Wegschnecke gemächlich über einen Gehweg vor dem Haus zu einem nahen Grünstreifen. Die Gärtner des Parks sehen sie gar nicht gerne, denn sie ist ein Schädling, der Pflanzen anfrisst. »Die Schnecke ist aber nicht der größte Schädling bei uns«, sagt Sebastian Doil, Referatsleiter Gartenunterhaltung im Wörlitzer Park und zeigt auf einen Buchsbaum, der von einer Raupe befallen ist.

Doil und seine Kollegen haben in diesen Tagen besonders viel zu tun, denn der Park muss für den Winter vorbereitet werden. Und da nimmt das Palmenhaus, das 1799 als Treibhaus errichtet wurde, eine besondere Position ein. »Der Tag der Deutschen Einheit ist für uns immer ein wichtiges Datum, denn danach räumen wir die Palmen in das Palmenhaus«, sagt Doil. Was sich einfach anhört, ist Schwerstarbeit. Die ca. 30 Palmen sind zum Teil sehr groß und schwer. Ein besonders großes Exemplar schätzt Doil auf ein Gewicht von 1,5 Tonnen.

Das ganze Jahr über haben die 15 Gärtnerinnen und Gärtner in dem historischen Park zu tun. Der Wörlitzer Park ist ein bedeutender Teil des als Unesco-Welterbe gelisteten »Dessau-Wörlitzer Gartenreiches«. Seit neun Jahren verantwortet der 33 Jahre alte Sebastian Doil zusammen mit einem Kollegen die gärtnerischen Arbeiten im Wörlitzer Park. Was der gelernte Gärtner allerdings noch nie so intensiv erlebt hat wie in diesem Jahr, ist der massive Pilz- und Schädlingsbefall im Park.

Viele Pflanzen seien von hartnäckigen Pilzerkrankungen befallen gewesen. Besonders die Buchsbäume seien von dem Buchsbaumzünsler in Mitleidenschaft gezogen worden, sagt Doil. Der Buchsbaumzünsler ist ein ostasiatischer Kleinschmetterling. Dessen Raupen fressen mit Vorliebe die Blätter und Rinde. Selbst große Buchsbäume können so sehr schnell absterben. An vielen Exemplaren sind noch die angefressenen und abgestorbenen Blätter zu erkennen. Der Befall sei extrem gewesen.

In den Jahren zuvor sei die Raupe in Wörlitz nicht vorgekommen - bei den wärmeren Temperaturen fühlt sie sich nun auch in Mitteleuropa heimisch, erklärt Doil. »Aus gärtnerischer Sicht ist der enorme Schädlingsbefall ein Vorbote des Klimawandels.« Auch andernorts richtet der gefräßige Buchsbaumzünsler in großen Parks und privaten Gärten Schäden an. Meldungen über seine Ausbreitung kamen zuletzt aus Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und auch aus dem Südwesten Deutschlands.

Dass sich das Klima verändert, können die Besucher des Wörlitzer Parks auch im sogenannten Küchengarten erkennen. Die alten Obstbäume, die seltene Apfel-, Kirsch- und Pflaumensorten austragen, boten in diesem Jahr keine reiche Ernte. Schuld daran sei der späte Frost im April und Mai, der die Blüten der Bäume kaputt gemacht habe. »Die Blüten sind alle abgefallen - dass Blüten erfrieren kommt öfter mal vor, aber so extrem wie dieses Jahr habe ich es noch nicht erlebt«, sagt der 33-Jährige.

Im Herbst müssen die Gärtner nun vor allem Laub aufsammeln - bei mehr als 8000 Bäumen fällt dabei jede Menge an. Aus dem Laub wird später Kompost, der wiederum im Park verwendet werden kann. »Die Besucher glauben ja immer, dass wir Gärtner im Winter nichts zu tun haben - aber dann schneiden wir zum Beispiel unser Gehölz«, sagt Sebastian Doil. Vor allem Stürme würden den gärtnerischen Plan immer wieder durcheinander wirbeln. »Damit wir die Schäden wieder aufarbeiten können, müssen andere Projekte warten, was uns immer einen zeitlichen Verzug beschert.« Trotz der vielen Arbeit kann Sebastian Doil dem Herbst auch etwas Schönes abgewinnen. »Die ersten Blätter haben sich schon verfärbt. Das wird in den nächsten Tagen nun immer mehr - das gibt dem Park noch einmal einen ganzen besonderen Charme«. dpa/nd