nd-aktuell.de / 07.10.2017 / Politik / Seite 3

Blutbad in Las Vegas

Internationale Presse

La Repubblica, Italien

Das Märchen von einem großartigen Amerika

Es ist der Klassiker der amerikanischen Rechten. Nach jeder Schießerei, nach jedem Blutbad, reagieren die Waffenlobby und ihre politischen Repräsentanten so: Zeit nehmen, Zeit vergehen lassen, danach bleibt alles wie vorher. Man muss sich nur vor Fox News setzen, um zu verstehen, wie das Hirn eines rechten Amerikaners solche Geschichten versteht: Der Sender von Rupert Murdoch widmet Las Vegas unglaublich viel Platz, um von heldenhaften Polizisten oder von der Solidarität unter den Opfern zu berichten. Es ist die ständige Suche nach dem Happy End. Es ist das Märchen von einem großartigen Amerika, wo uns immer mal wieder ein krimineller Wahnsinniger dabei hilft, uns noch besser und liebenswürdiger zu fühlen.

Hospodarske noviny, Tschechien

Unrealistische Erwartung

»Wann, wenn nicht jetzt« rufen laut die Vertreter eines Verkaufsverbots für Sturmgewehre in den USA. Es klingt logisch. (...) Doch zu erwarten, dass nach dem größten Massaker mit Schusswaffen in der US-Geschichte - einmal abgesehen von der Ermordung der Indianer - automatisch strengere Gesetzesregelungen folgen müssen, ist recht unrealistisch. Wenn etwas durch den Kongress kommt, dann ein Verbot der bump-stock-Vorrichtungen, die aus halbautomatischen automatische Feuerwaffen machen.

Sme, Slowakei

Waffenlobby kauft Politiker

Die Diskussion über verschärfte Waffengesetze ist sinnlos, weil sie das Grundproblem dahinter ignoriert. Nämlich, dass die Politik längst durch die Finanzierung (also eigentlich Bestechung) politischer Parteien und Politiker für spezielle Interessen in Anspruch genommen wird. So ist es nicht möglich, den Waffenbesitz zu beschränken, auch wenn sich das eine Mehrheit der Amerikaner und sogar ein Gutteil der Wähler der Republikanischen Partei noch so sehr wünschen.

Dieses politische System dient nämlich schon lange nicht mehr dem Interesse der Allgemeinheit. Der Schlüssel zum Verständnis dieser Realität ist darin zu finden, dass die Waffenlobby NRA Hunderte Millionen Dollar in die Politik pumpt und damit die Politiker längst gekauft hat. Statt zum Gebet für die Opfer von Las Vegas aufzurufen, sollten diese Politiker lieber Gott um Verzeihung dafür bitten, dass sie der Waffenindustrie erlauben, das Land zu beherrschen.

Dagsavisen, Norwegen

Auf Kosten der Sicherheit

Die politische Debatte über die Waffengesetze in den USA ist unumgänglich im Kielwasser dieses schrecklichen Massakers. (...) Trump und seine Mitspieler nehmen stark Rücksicht auf die sogenannten »Second Amendment«-Freiheiten. Es ist grotesk, dass diese Freiheit, Waffen mit sich zu führen, weiterhin auf Kosten der Sicherheit der Bürger gehen darf.

Der Standard, Österreich

Trumps Rolle rückwärts

Eine der wenigen rechtlichen Reaktionen auf Schusswaffengewalt wurde im Februar zunichte gemacht. Nach dem Attentat in der Sandy-Hook-Grundschule 2012 hatte US-Präsident Barack Obama den Zugang zu Waffen für Personen mit mentalen Beeinträchtigungen und finanziellen Problemen erschwert. Sein Nachfolger Donald Trump hob diese Bürde heuer auf. Nach islamistischen Attentaten sind die Behörden schnell mit dem Ruf nach mehr Überwachung auf Kosten der Bürgerrechte. Bei Amokläufen mit Schusswaffen? Fehlanzeige. Da wird auf das Recht auf die eigene Waffe gepocht.

Iswestija, Russland

Systemfehler

Die Tragödie von Las Vegas zeigt eines: Das gegenwärtige System in Amerika hat sehr ernsthafte Unzulänglichkeiten. Die einen sagen, dass es grundsätzlich falsch läuft. Die anderen sprechen von einem Aussetzer des Systems. Aber so oder so hat es zum Tod von mehr als fünfzig unschuldigen Menschen geführt. Und daraus muss man Konsequenzen ziehen, unabhängig von Eigeninteressen, Gewohnheiten und politischem Eifer.