Der Erbe von Hanse und knatternden Mühlen

Landesregierung fördert Stadterneuerung und -umbau in Kyritz mit fünf Millionen Euro

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit seiner von Fachwerkhäusern und Resten der mittelalterlichen Bebauung geprägten Altstadt erfreut sich Kyritz (Ostprignitz-Ruppin) seit Jahren der besonderen Fürsorge des Landes. Am Mittwoch übergab Baustaatssekretärin Ines Jesse der Stadt Förderbescheide über insgesamt fünf Millionen Euro, die in die Sanierung der Innenstadt investiert werden.

Die Mittel stammen aus den Bund-Länder-Programmen »Städtebaulicher Denkmalschutz«, Stadtumbau, »Kleine Städte und überörtliche Zusammenarbeit« und aus dem »Programm Soziale Stadt«. Wie das Potsdamer Infrastrukturministerium mitteilte, ist das Geld unter anderem für die Erhaltung historischer Gebäude, die Sanierung von sozialen Einrichtungen und den »Mittelbereich Kyritz-Kleeblattregion« vorgesehen.

Kyritz ist trotz seiner zehn Ortsteile eine beschauliche Kleinstadt mit insgesamt 9500 Einwohnern. Erstmals 948 urkundlich erwähnt, erhielt es 1237 Stadtrecht und war bereits im 14. Jahrhundert eine wichtige Handwerker- und Hansestadt. Reich gemacht haben die Stadt Tuchmacher, Bäcker, Fleischer und Schuhmacher, Gewandschneider und Händler. Bekannt bis heute ist die Stadt als »Kyritz an der Knatter« - der Beiname geht angeblich auf das Rattern der zahlreichen Windmühlen zurück, letztlich weist er auf die wachsende Bedeutung der Landwirtschaft hin. Deutschlandweit ließ Kyritz am 2. September 1945 aufmerken, als der damalige KPD-Vorsitzende Wilhelm Pieck im Gasthof »Zum Prignitzer« die Bodenreform in der damaligen sowjetischen Besatzungszone verkündete.

Kyritz ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Städte mit historischen Stadtkernen. Anders als manche andere der insgesamt 32 darin zusammengeschlossenen Städte hat Kyritz eine dort reiche Mitgift einbringen können. Die Prignitzstadt hatte den Zweiten Weltkrieg ohne gravierende Schäden überstanden, mutige Bürger hatten weiße Fahnen gehisst und die Stadt am 2. Mai 1945 kampflos der Roten Armee übergeben. Die gitterförmige Stadtstruktur ist charakteristisch für eine mittelalterliche Kolonistenstadt. Ihr Bild prägen zahlreiche Fachwerkhäuser - nach offiziellen Angaben 64 Prozent des Gebäudebestandes. Die meisten stammen aus dem 19. Jahrhundert, da nur einzelne Bauten des 17. Jahrhundert die vielen Stadtbrände überstanden. Im Süden und Osten sind noch Teile der mittelalterlichen Stadtmauer erhalten, während aus den einstigen Wallanlagen im Westen der »Rosengarten« entstand. Den Marktplatz dominieren mit dem Rathaus und der Pfarrkirche St. Marien Bauwerke, die auf der historischen Bebauung fußen aber ihre äußere Gestalt erst im 19. Jahrhundert erhielten.

Kyritz hat seit 1991 knapp 40 Millionen Euro Fördermittel aus mehreren Programmen für die Stadtentwicklung erhalten. So wurden im etwa Rahmen der Wohnraumförderung knapp 27 Millionen Euro bewilligt. Im Rahmen des Stadtumbaus wurde bisher, wie es in Potsdam hieß, vor allem die Gestaltung des öffentlichen Raumes - zum Beispiel Perleberger Platz/Bürgerpark; Rosengarten und Holzhauser Straße - und die Sanierung von Stadtbild prägenden Gebäuden in der Altstadt gefördert. 2017 werden Bundes- und Landesmittel unter anderem für die Aufwertung des Bahnhofsumfeldes, den Um- und Ausbau von denkmalgeschützten Gebäuden für die Nutzung etwa durch Kitas, Schulen oder die städtische Bibliothek.

Als Touristenherbergen genutzt werden sollen künftig die »Budenhäuser« in der Nähe des Klosterviertel. Die derzeit vom Land mit Nachdruck geförderte Wiederbelebung dieses typisch kleinstädtischen Ensembles, dessen Kleinsthäuser früher überwiegend Tagelöhner und Handwerker mit ihren oft vielköpfigen Familie mit mehreren Kindern bewohnten, ist wichtiger Baustein in der Gesamtstrategie der Sanierung der Stadt.

»Kyritz ist es in den vergangenen Jahren gut gelungen, den historischen Stadtkern zu sanieren und die Innenstadt zu beleben«, erklärte Staatssekretärin Jesse zur Übergabe der Fördermittelbescheide. »Die verschiedenen Städtebauförderprogramme ergänzen sich hier und tragen dazu bei, dass sich gerade kleinere Städte im ländlichen Raum in baulicher und sozialer Hinsicht zu attraktiven Zentren weiter entwickeln können.«

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