Bremen gibt Asyl, Bayern schiebt ab

Anerkennungsquoten für Asylsuchende unterscheiden sich je nach Bundesland / Schutzquoten für Geflüchtete aus Syrien dagegen überall gleich hoch

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Berlin. Die Anerkennungsquoten für Asylsuchende fallen von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich aus: So war die Schutzquote von Flüchtlingen aus dem Irak in den ersten sechs Monaten dieses Jahres in Bremen mit 96,4 Prozent fast doppelt so hoch wie in Berlin (50,3 Prozent). Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Ulla Jelpke hervor, über die Zeitungen der Funke Mediengruppe am Freitag berichten.

Auch bei den Entscheidungen über die Anträge von Geflüchteten aus Afghanistan und Iran zeigten sich demnach große Unterschiede. So lag die Spannbreite der positiven Asylbescheide bei Antragstellern aus Afghanistan zwischen 30,9 Prozent (Brandenburg) und 65 Prozent (Bremen). Bei Asylsuchenden aus dem Iran lag die Schutzquote zwischen 37,6 Prozent (Bayern) und 85 Prozent (Bremen). Die Anerkennungsquoten von syrischen Schutzsuchenden lagen den Angaben zufolge dagegen in allen Bundesländern über 99 Prozent.

Die Linkspartei verwies zudem darauf, dass die Schutzquoten zu den drei Herkunftsstaaten Afghanistan, Irak und Iran in Bayern, Brandenburg und Sachsen immer unterhalb des bundesdeutschen Durchschnittswerts lägen. In Bremen und Mecklenburg-Vorpommern lägen die Quoten dagegen immer oberhalb des Durchschnitts.

Die Bundesregierung erklärte die Differenzen in ihrer Antwort damit, dass es sich bei Asylverfahren grundsätzlich um Einzelfallprüfungen handle. Dabei könnten sich auch bei Menschen aus gleichen Herkunftsländern die individuellen Umstände deutlich unterscheiden. Zudem behandelten die Außenstellen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in den Bundesländern nicht gleichermaßen alle Herkunftsländer. Kleine Entscheidungsmengen sowie unterschiedliche Zahlen an den Amts-Außenstellen in den Ländern führten zu »statistischen Unterschieden«.

Die sogenannte bereinigte Schutzquote beschreibe den Anteil der Schutzsuchenden, die Asyl, einen anerkannten Flüchtlingsstatus, subsidiären oder anderen Schutz erhalten haben. Sie dürfen als Flüchtlinge in Deutschland bleiben. Verfahren, die aus formellen Gründen entschieden wurden, etwa weil ein anderer EU-Staat für die Entscheidung zuständig ist, würden bei dieser Anerkennungsquote nicht berücksichtigt.

Jelpke erklärte dagegen, es seien keine plausiblen Erklärungen für die unterschiedlichen Quoten ersichtlich. »Es darf aber nicht sein, dass afghanische Flüchtlinge beispielsweise in Brandenburg oder Bayern nur etwa halb so große Chancen auf einen Schutzstatus haben wie in Bremen«, kritisierte die LINKEN-Abgeordnete. Den Gründen für die auffälligen Abweichungen in einigen Bundesländern müsse nachgegangen werden.

Aus den Kreisen von Mitarbeitern aus der Flüchtlingshilfe sei ihr berichtet worden, dass es in Bayern eine besonders negative Entscheidungspraxis in Bezug auf Geflüchtete aus Afghanistan gebe. »Es wäre ein beunruhigender Befund, wenn sich die besonders negative politische Stimmungslage in Bayern negativ auf den Ausgang der Asylverfahren afghanischer und anderer Flüchtlinge auswirken würde«, sagte die Linken-Politikerin Jelpke. Auszuschließen sei das nicht.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl warnte vor diesem Hintergrund erneut vor den Unionsplänen für sogenannte Rückführungszentren. »Das Konzept, das die Union will, kann zum Knock Out fairer Asylverfahren führen«, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Je weiter weg die Menschen von Beratungsmöglichkeiten untergebracht seien, desto geringer seien ihre Anerkennungschancen. Er befürchte ein weiteres Auseinanderklaffen der Anerkennungsquoten, wenn sich das Konzept der Union in den Koalitionsverhandlungen durchsetze.

CDU und CSU hatten sich vergangenen Sonntag bei Gesprächen über die Asylpolitik dafür ausgesprochen, dass Asylverfahren für alle neu ankommenden Menschen in sogenannten Entscheidungs- und Rückführungszentren gebündelt werden sollen. Die Schutzsuchenden sollen dort bis zur Entscheidung ihres Antrags bleiben. Agenturen/nd

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