Sie enthüllte Maltas Dreck

Entsetzen über Ermordung von Daphne Caruana Galizia

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

20 000 Euro Belohnung hat Julian Assange am Montag ausgelobt – für Informationen über Drahtzieher des Anschlags auf Daphne Caruana Galizia, die das US-Magazin »Politico« einmal mit einem »Ein-Mann-WikiLeaks« verglich. Der Gründer der Enthüllungswebseite zeigte sich entsetzt über die Ermordung der maltesischen Journalistin und Bloggerin, die unweit ihres eigenen Hauses in Bidnija Opfer einer Autobombe wurde. »Eine Bombe für Daphne, die Reporterin, die in Maltas Dreck wühlte«, so die italienische Tageszeitung »La Repubblica«. Wie in Sliema, wo am Montagabend Teilnehmer einer Mahnwache Blumen und Beileidsbekundungen niederlegten, haben Tausende im ganzen Land mit Kerzen in der Hand der mutigen Frau gedacht. EU-Kommission und -Politiker sowie Journalistenverbände verurteilten das Attentat scharf.

Wie »Politico« schrieb, habe Caruana Galizia mit ihren Reportagen Europa erschüttert und aufgewühlt. Ihr Blog »Running Commentary« sei an manchen Tagen von bis zu 400 000 Menschen gelesen worden. Die Mittelmeerinsel Malta zählt etwa 440 000 Einwohner. Die 53-Jährige hatte sich dort mächtige Feinde gemacht, war sie doch in die Recherche der »Panama Papers« involviert, die Korruption in mehreren Ländern offenlegten. Wiederholt erhob sie schwere Vorwürfe gegen Vertraute des maltesischen Regierungschefs Joseph Muscat. So sollen seine Ehefrau und der Energieminister Offshore-Konten besessen haben, um Bestechungsgelder aus Aserbaidschan zu parken.

»Wenn die Menschen ihre Regierung fürchten, ist das Tyrannei, wenn die Regierung die Menschen fürchtet, ist das Freiheit« (Schild bei Protesten in Malta)

Caruana Galizia war Zeugin des Untersuchungsausschusses zu Geldwäsche und Steuerhinterziehung im Europaparlament und habe »eine entscheidende Rolle bei der Aufdeckung schwerwiegender Vorwürfe zur Korruption in Malta gespielt«, so Sven Giegold, Abgeordneter der Grünen/EFA-Fraktion.

Noch unmittelbar vor ihrem Tod veröffentlichte die Journalistin, die auch regelmäßig Kolumnen für die Zeitung »The Malta Independent« schrieb, auf ihrem Blog einen Beitrag über die Verleumdungsklage des Stabschefs von Muscat gegen einen Oppositionspolitiker. Auch sie selbst wurde schon wegen Verleumdung verklagt, nachdem sie Maltas Oppositionschef Adrian Delia Verbindungen zu Prostitution in London vorgeworfen hatte.

Das Ehepaar Muscat hat immer bestritten, Firmen in Panama zu besitzen. Doch die Enthüllungen führten in diesem Jahr schließlich zu vorgezogene Neuwahlen – aus denen Muscats Arbeiterpartei allerdings erneut als Siegerin hervorging. Der Regierungschef sprach jetzt nach dem Anschlag von einem »schwarzen Tag für unsere Demokratie und unsere Meinungsfreiheit«. Jeder wisse, dass Caruana Galizia eine seiner schärfsten Kritikerinnen gewesen sei, doch eine solch »barbarische Tat« könne niemand rechtfertigen.

Muscat wies die Sicherheitskräfte an, die Täter zu finden und vor Gericht zu bringen. Er werde für die Ermittlungen Hilfe der US-Regierung und des FBI anfordern.
Dem staatlichen TV-Sender TVM zufolge hatte sich Caruana Galizia vor zwei Wochen an die Polizei in Malta gewandt, weil sie Todesdrohungen erhalten habe.

Ihr Sohn Matthew machte der Regierung nun massive Vorwürfe: »Sie sind Komplizen, Sie sind dafür verantwortlich«, schrieb er am Dienstag auf Facebook. »Wir sind ein Volk, das sich im Krieg gegen den Staat und die organisierte Kriminalität befindet, die sich voneinander nicht unterscheiden.«

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