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Kanzler-Fernsehen aus Mitteldeutschland

CDU-Regierungspolitiker aus Sachsen-Anhalt stellt ARD infrage

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) hatte zu Beginn der 1960er Jahre ein klares Ziel: Ein politisch genehmer Staatssender sollte der unzuverlässigen, weil auch in Teilen mit der SPD-Opposition verbandelten ARD-Konkurrenz, möglichst dem Sender sogar den Garaus machen. Mit seinem Rundfunkurteil vom Februar 1961 unterband das Bundesverfassungsgericht die Einrichtung des »Adenauer-Fernsehens«; stattdessen einigten sich die Ministerpräsidenten der Länder auf einen Staatsvertrag und gründeten das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF).

56 Jahre später starten Teile der Union erneut den Versuch zur Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der Chef der sachsen-anhaltinischen Staatskanzlei Rainer Robra (CDU) verlangte am Dienstag in einem Interview mit der in Halle erscheinenden »Mitteldeutschen Zeitung« drastische Einschnitte in das ARD-Angebot. Künftig, so Robra, solle allein das ZDF als »nationaler Player« betrachtet werden und nur noch der Mainzer Sender Formate wie das Kanzler-Duell vor der Bundestagswahl sowie Hollywood-Produktionen ausstrahlen. Die Programme des Ersten möchte Robra auf regionale Berichterstattung beschränken, z.B. das »Beste aus Mitteldeutschland« zeigen. Auch die »Tagesschau« sei »in dieser Form überflüssig«.

Hintergrund des Vorschlags sind zum einen die Diskussionen um die Staats- bzw. Parteinähe in den Verwaltungs- und Kontrollgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ARD, ZDF, Deutschlandfunk). Das Bundesverfassungsgericht hatte 2014 angeordnet, dass sich die Zusammensetzung der ZDF-Gremien ändern muss.

Der Anteil der »staatsnahen« Personen müsse von 44 Prozent auf ein Drittel reduziert werden; zudem dürfen Politiker bei der Auswahl der aus gesellschaftlichen Gruppen entsandten Mitglieder keinen bestimmenden Einfluss mehr ausüben. Da der Richterspruch Grundsatzcharakter hat, gilt er auch für die ARD als Auftrag zur Änderung der Gremienzusammensetzung.

Zum anderen ist Robras Vorstoß vor dem Hintergrund des Treffens der Ministerpräsidenten Ende der Woche zu sehen. Bei der Zusammenkunft soll es u.a. darum gehen, welche rechtlichen Möglichkeiten die Sender künftig bei ihren Aktivitäten im Internet haben. Die Informations- und Unterhaltungsangebote der öffentlich-rechtlichen Sender im Netz sind den privaten Verlegern seit jeher ein Dorn im Auge und Unterstützung haben sie in dieser Frage schon immer aus dem konservativen Lager erhalten.

Dass Robra mit seinem Vorschlag, die ARD zu zerschlagen und das ZDF zum »Kanzler-Fernsehen« umzubauen, Erfolg haben wird, ist eher unwahrscheinlich. Der Chef der Berliner Senatskanzlei Björn Böhning (SPD) nannte die Vorschläge Robras »im Kreis der Länder sicherlich nicht mehrheitsfähig«.

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