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Das Destruktive steht im Mittelpunkt

Der Kunstverein Freital zeigt im Einnehmerhaus eine Ausstellung zum Werk von Wolfgang Petrovsky

  • Gert Claußnitzer
  • Lesedauer: 3 Min.

Von Gert Claußnitzer

Der aus Freital-Hainsberg stammende und noch heute dort lebende Künstler Wolfgang Petrovsky ist einer der interessantesten Erscheinungen der bildenden Künstler hierzulande. Sein Beitrag dient der Erweiterung des künstlerischen Ausdrucks, ist ungeheuer eindrucksvoll und in vielfacher Hinsicht auch beispiellos. Nunmehr im siebzigsten Lebensjahr stehend, zieht er mit seiner jüngsten Exposition in Freital (im dortigen Einnehmerhaus) gleichsam Bilanz. Da gönnt er sich in seinem Schaffen keine Atempause, sondern bedient alle Register seines Könnens. Er greift auf Früheres zurück, das er schon deutschlandweit zeigen konnte und bemüht sich, in einer Übersicht all das anklingen zu lassen, worum es ihm eigentlich geht, schon seit Jahren, wie zu sehen ist. Und er versucht in einer beispiellosen Vielfalt des Zusammenfügens und Verbindens dem Betrachter seines Werkes seine neue Synthese zu verdeutlichen.

Petrovsky spricht davon, dass es ihm gewissermaßen darum geht, seine Bildwelten in einem »Geflecht«, wie er es nennt, ja, wie in einem »Erinnerungstraum« zu zeigen, gleichsam das, was in ihm steckt und was ihn umtreibt, in Querverbindungen auch zu seinen Künstlerfreunden, die seine Initiativen begleitet haben, aufzuzeigen. Da wären insbesondere der früh verstorbene Andreas Küchler und Frank Voigt zu nennen. Gemeinsam hatten sie Projekte entwickelt und realisiert, wahre »Kraftpakete«, wie zu sehen ist, begleitet von ihren Lieblingsdichtern Volker Braun, Heiner Müller, Ungaretti oder auch von Richard Pietraß.

In einem eigens installierten Raum des Hauses widmet sich Petrovsky Andras Küchler, mit dem er schon 1982 ein Projekt in der legendären Freitaler Kunsthandlung Patzig in »aktion = hoffnung« zur Schau stellte, an die man sich hier immer noch gern erinnert. Sodann erregte Petrovsky Aufsehen mit Projekten zu Victor Klemperers »LTI«, mit Serien von Bildern zur »Perestroika«, mit einer »Hommage à Schwitters« und zu »DADA« sowie durch seine Beteiligung am Projekt »Flagge zeigen«, einem Vorhaben von Klaus Staeck in Heidelberg, das durch mehrere Städte Deutschlands tourte. Eine Ehrung der besonderen Art war für ihn der »El-Lissitzky-Preis«, den er 1990 in Berlin zugesprochen bekam.

Ästhetische Tabus wurden und werden von Wolfgang Petrovsky auf ganz radikale Weise durchbrochen, Kunst mit Antikunst vermengt, und der Betrachter seiner Werke wird mitunter förmlich provoziert durch eine betont unkünstlerische Attitüde, die Schluss macht mit der landläufigen Vorstellung einer »Erbauungs- und Erlösungsfunktion« der Kunst. Da ist man heute noch ganz nahe bei Kurt Schwitters und Hannah Höch, wie man sagen könnte. Man ist auch bei Schwitters, der traditionelle Denkweisen in Frage stellte. Und wie schon Schwitters, so orientiert sich auch Petrovsky am Politischen. Viele Arbeiten kreisen um Themen der menschlichen Existenz. Collagen, vielfach übermalt, sind für Petrovsky ein propagandistisches und pädagogisches Element. Man denkt an Wladimir Tatlins transparente und kompakte Materialbilder, oder auch an Kasimir Malewitsch, der die additionalen Elemente in die Malerei einführte. Texte und Schriftformen, ihre Gedanken und Relikte gehören zur Collage, sind deren Bauelemente. Durch Petrovsky werden visuelle Barrieren durchbrochen, und zwar derart, dass das seinerzeitige dadaistische Spiel, das Schwitters umtrieb, weit überwunden wird. Dieser Künstler bedient uns heute mit Ideen-Assoziationen, die spontan unser Bewusstsein berühren.

»Wolfgang Petrovsky«, bis zum 11. November im Einnehmerhaus, Dresdner Straße 2, Freital

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