Notunterkünfte für Obdachlose gesucht

Eine »Task Force« soll eine gesamtstädtische Lösung im Umgang mit Menschen ohne Bleibe erarbeiten

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Einmal ist die sogenannte Task Force, die der Senat vor zwei Wochen ins Leben gerufen hat, bisher zusammengekommen. Anlass war die gestiegene Zahl von Obdachlosen in Tiergarten. Mit am Tisch saßen die Bürgermeister und Ordnungsamts-Chefs der betroffenen Bezirke Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf sowie Vertreter der Polizei und mehrerer Senatsverwaltungen.

Beschlossen wurde neben mehr Polizeipräsenz eine Räumung der Zelte sowie die Aufnahme der Personalien der Obdachlosen, um zu wissen, um wen es sich bei den Campierenden überhaupt handelt, sagte Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Inneres, nach der Sitzung. Denn dass es sich dabei wirklich hauptsächlich um Menschen aus Osteuropa handelt, wie der Bürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel (Grüne), behauptet, ist noch überhaupt nicht ausgemacht.

Kurz nach den Räumungsaktionen hagelte es laut einem Bericht der »Berliner Zeitung« jedoch Kritik von Bezirkspolitikern. Die Obdachlosen seien nach der Räumung ihrer Unterkünfte in Mitte in andere Bezirke weitergezogen und würden nun etwa im Volkspark Friedrichshain, am Bahnhof Lichtenberg und am Fennpfuhl campieren, hieß es.

Auch der Senat hat nun erkannt, dass das Problem der steigenden Obdachlosenzahlen nicht alleine mit den Innenstadtbezirken ausgehandelt werden kann. Obwohl sich die meisten Obdachlosen in der Innenstadt aufhalten, sollen nun alle Bezirke in die Task Force einbezogen werden. »Wir benötigen für Berlin eine gesamtstädtische Lösung, an der alle Bezirke mitwirken«, sagte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (LINKE) der »Berliner Zeitung«. Neben der Arbeitsgruppe zur Lage im Tiergarten bräuchte man eine langfristige Strategie, wie die Stadt damit umgehe, dass die Zahl der Menschen ohne Bleibe zunimmt, so Breitenbach.

Auch die Berliner Innenverwaltung unter Führung von Andreas Geisel (SPD) habe am Montag »stadtweit Maßnahmen in den Grünanlagen unter Einbindung der jeweiligen Ordnungsämter« angekündigt, hieß es weiter.

»Das Problem kann weder ein Bezirk noch eine Senatsverwaltung alleine lösen«, meint Breitenbach. Auch auf Bundesebene seien Gesetzesänderungen notwendig, »um allen Obdachlosen, auch aus EU-Ländern, Beratung und Hilfe anbieten zu können«. Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) forderte ebenfalls ein gemeinsames Vorgehen in ganz Berlin gegen illegales Campen. Notwendig seien jetzt zunächst für den Winter dringend mehr Schlafplätze bei der Kältehilfe.

Am 1. November startet die Kältehilfe der Berliner Stadtmission. In den Notübernachtungen sollen in diesem Jahr 1000 Schlafplätze pro Nacht zur Verfügung stehen. Angesichts der wachsenden Zahl obdachloser Menschen gehen Experten jedoch davon aus, dass auch diese gestiegene Anzahl von Notunterkünften nicht ausreichen wird.

In Berlin gibt es laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe über 17 000 wohnungslose sowie schätzungsweise 6000 bis 10 000 obdachlose Menschen. Diakonie-Chefin Barbara Eschen sprach kürzlich sogar von bis zu 20 000 Wohnungslosen. Eine amtliche Statistik gibt es nicht. Dies sei jedoch nötig, um den gestiegenen Bedarf zu ermitteln, monieren Kritiker. Mit Agenturen

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