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Netanjahu und der Angriff der »sauren Gurken«

Der wegen des U-Boot-Deals unter Korruptionsverdacht stehende Premier Israels spricht von Trübsalindustrie

  • Oliver Eberhardt, Erbil
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Regierungschef sei ein viel beschäftigter Mann, sagte ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Mittwoch, da gebe es eben auch mal Terminschwierigkeiten.

»Man kann solche Aussagen nur staunend zur Kenntnis nehmen,« kommentierte die Tel Aviver Zeitung »Jedioth Ahronoth«. Denn im Raum steht eine lange Liste von Vorwürfen, die sich grob in zwei Kategorien aufteilen lassen: Netanjahu soll teure Geschenke von einem US-Milliardär erhalten und dafür die eine oder andere Gegenleistung erbracht haben. Und: Netanjahu soll versucht haben, den Verleger von »Jedioth Ahronoth« zu einer freundlicheren Berichterstattung über die Regierung zu drängen.

Doch Netanjahu beteuert öffentlich seine Unschuld und versucht offen, die Ermittlungen gegen ihn zu behindern, wo es geht: So brachten Vertraute des Ministerpräsidenten eine Gesetzesvorlage ein, die Ermittlungen gegen amtierende Regierungschefs einfach verbieten würden, während Netanjahu eine Schmutzkampagne gegen Polizeichef Roni Alscheich und Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit gestartet hat. Sie seien »Linke«, gefährdeten die Sicherheit des Staates, weil sie den Regierungschef von der Arbeit abhalten, heißt es regelmäßig aus dem Team Netanjahu, aber vor allem: Beide ließen regelmäßig Informationen an die Medien durchsickern, um Netanjahu »politisch zu zerstören«.

Dabei war es Netanjahu, der Alscheich und Mandelblit die Ämter verschaffte; offen hatte man sich damals in Netanjahus Likud-Partei erhofft, größeren Einfluss auf die notorisch unabhängigen Ermittlungsbehörden zu erhalten. Doch beide machten recht schnell klar, dass auch sie keine Tabus kennen: Die Ermittlungen werden seitdem forciert, auch enge Vertraute Netanjahus wurden festgenommen.

Für besondere Aufregung sorgte aber die sogenannte »U-Boot-Affäre«: Netanjahus Anwalt soll gleichzeitig auch für den Vertreter des deutschen U-Boot-Herstellers Thyssen Krupp Marine Systems in Israel tätig gewesen sein. Im Raum stehen Korruptionsvorwürfe; die Bundesregierung hatte den Deal deshalb Monate lang auf Eis gelegt. Alscheich und Mandelblit hätten damit eine Grenze überschritten, gefährdeten Israels Verteidigungsfähigkeit, wetterte Netanjahu, während der Generalstab immer wieder dagegen hält, dass die Anschaffung der U-Boote vor allem eine politische, keine militärische Entscheidung war.

Am Montag wurde nun eine Absichtserklärung unterzeichnet: Die U-Boote werden geliefert; die Vereinbarung erhält allerdings eine Ausstiegsklausel, falls sich der Korruptionsverdacht erhärten sollte. In einer Rede vor der Knesset, dem Parlament, erklärte Netanjahu kurz darauf, die Vereinbarung zeige, dass an den Vorwürfen nichts dran sei; seine Kritiker bezeichnete der Ministerpräsident als »Saure Gurken«, ein Begriff, der wahlweise »Miesepeter« oder »Spielverderber« bedeutet. In der Knesset herrsche eine »Trübsalindustrie«: Die Opposition vergesse, dass das Volk gerne sauer Eingelegtes esse.

Politische Gefolgsleute warben derweil weiter für das Anti-Ermittlungs-Gesetz: »Wir brauchen dieses Gesetz, um diese Hexenjagd auf den Regierungschef zu beenden«, so Justizminister Ajelet Schaket.

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