nd-aktuell.de / 07.01.2002 / Wirtschaft und Umwelt

Schafwolle fängt Schadstoffe

Die natürlichen Eiweißfasern machen Formaldehyd und andere Gifte unschädlich

Manfred Godek
Gefährliche Schadstoffbelastungen von Innenräumen mit Formaldehyd, Isocyanaten oder Lösemitteln lassen sich auch ohne aufwändige Bautensanierung beseitigen. Durch so genannte »Raumluftmodule«, die auf einem Naturmaterial basieren: auf Schafwolle.
Die Wissenschaft hat bis heute über 2500 giftige Raumluft-Substanzen ermittelt. Dazu gehören ungesättigte Kohlenwasserstoffe, Terpene, Aldehyde oder organische Säuren die bei der industriellen Produktion verwendet werden. Am bekanntesten: das Formaldehyd. Die Chemikalie steckt praktisch überall - in Möbeln und Spanplatten, in Klebstoffen - sogar im Zigarettenrauch. Bereits unter der Wahrnehmungsschwelle besteht die Gefahr gesundheitlicher Schäden. Formaldehyd steht im Verdacht, Krebs zu erzeugen. Nach Ansicht von Professor Henning Rüden vom Hygiene-Institut der TU Berlin bekämen »Millionen Menschen Hausverbot im eigenen Haus«, gäbe es für die Raumluft zu Hause »klare und verbindliche Schadstoffgrenzwerte«.
Ein besonderes Problem sind Gebäude aus den 60er und 70er Jahren. Damals wurden großflächig Spanplatten verbaut; Spanplatten werden mit formaldehydhaltigen Harzen verleimt - Auftakt milliardenschwerer Sanierungsprogramme.
Die amnos GmbH in Walddorfhäslach bei Stuttgart begegnet dem Übel auf verblüffend einfache Weise. Mit »Raumluftmodulen«, die aus nichts anderem bestehen als aus einem »Absorbervlies« aus Schafwolle und einer Holz- bzw. Metallkonstruktion. Das Verfahren basiert auf einer alten Erkenntnis der Wollchemie: Schafwolle besteht zu 97 Prozent aus Eiweißverbindungen. Bestimmte chemische Bauteile der darin enthaltenen Aminosäuren bilden mit Fomaldehyd etc. neue, unschädliche Verbindungen. Da die Faser jedoch von Natur aus mit Wollwachs beschichtet ist, ist der Abbaumechanismus zunächst weitgehend verhindert. Deshalb müssen die Fettsäuren an der Oberfläche ausgewaschen werden, damit auch langkettige Moleküle in das Innere eindringen können. Die Wolle ist zu einem Vlies verwoben, das sich durch eine extrem große Faseroberfläche auszeichnet und der Luft entsprechend viel Berührungsfläche bietet. Das Vlies wird in dem Holz- oder Metallelement befestigt. Dieses ist so konzipiert, dass ein Kamineffekt entsteht. Die Raumluft steigt nach oben steigt und streicht zwangsläufig über das Vlies. Die Vorderseite der Elemente kann als Pinnwand genutzt werden, als Garderobenelement oder auch, nach Montage entsprechender Einlegeböden, als Wandregal. Wissenschaftlich getestet wurde das Absorbervlies unter anderem durch das Deutsche Wollforschungsinstitut an der RWTH Aachen. Die Faser wurde einer extrem hohen Formaldehydkonzentrationen von 300 ppm (ppm = parts per million) ausgesetzt, dem 3000fachen des offiziellen Grenzwertes für Innenräume. Bereits nach 24 Stunden hatte das Wollvlies den Schadstoff zu 95 Prozent absorbiert. Berechnet wurde auch, das die Wirkung des Vlieses zum Beispiel bei einer Belastung von 0,1 ppm Formaldehyd weit über 30 Jahre anhält. Dann kann es mit dem einfachen Hausmüll entsorgt werden. Neben den Raumluftmodulen, die mit einem Quadratmeterpreis um 250 Euro zu Buche schlagen, kann man auch das Vlies selbst verwenden. Das kostet nur die Hälfte und lässt sich beispielsweise in eine abgehängte Deckenkonstruktion einbringen, an den Rückwänden von Schränken oder unter Stühlen befestigen.
Zwischenzeitlich wird die Technologie bundesweit bereits an über 300 Schulen, Kindergärten und öffentlichen Gebäuden eingesetzt. Krankenhäuser nutzen das Verfahren ebenso wie Firmen, Ärzte und derzeit rund 3000 Autofahrer im Land. Denn als Füllung in einem speziellen Kissen fürs Auto eliminiert die Faser nicht nur den typischen Kunststoffmief von Neufahrzeugen, sondern auch andere Gerüche und Tabakrauch.


Infos: amnos Raumluftmodule, Walddorfhäslach 72141, Waldenbucher Weg 37; Tel: (07127) 924588; Fax: -931320; Internet: www.amnos.de