Internetriesen gegen Fake News

Facebook und Co. sagen vor US-Senat aus

  • Lesedauer: 3 Min.

Washington. Führende US-Internetkonzerne wie Facebook, Google und Twitter wollen verstärkt gegen Desinformationskampagnen und Propaganda auf ihren Plattformen vorgehen. Dies kündigten die Unternehmen am Dienstag (Ortszeit) in Washington an. Der Auslöser sind Vorwürfe, dass Russland massiv versucht habe, die US-Präsidentschaftswahlen 2016 via Kampagnen in sozialen Netzwerken zu manipulieren. Die russische Regierung wies die Vorwürfe einer Einmischung in den Wahlkampf erneut zurück.

»Wir sind tief besorgt angesichts all dieser Bedrohungen«, sagte der Facebook-Vizechef Colin Stretch bei einer Anhörung vor dem Justizuntersuchungsausschuss des US-Senats. Auch Twitter-Chefjurist Sean Edgett räumte ein, dass der Kurzmitteilungsdienst künftig wachsamer sein müsse. »Wir stimmen zu, dass wir noch besser werden müssen, um es zu verhindern«, sagte Edgett angesichts zigtausendfach automatisch generierter Inhalte.

Einige Senatoren zeigten sich jedoch laut Berichten frustriert über den schleppenden Fortschritt interner Untersuchungen. »Warum hat Facebook elf Monate gebraucht, sich zu melden und uns beim Verstehen des Ausmaßes dieses Problems zu helfen?«, fragte etwa der Demokrat Chris Coons.

US-Medien hatten zuvor berichtet, dass die Manipulationsversuche im Internet zur Präsidentschaftswahl weitaus stärker gewesen seien als bislang angenommen. Das Onlinenetzwerk Facebook geht demnach davon aus, dass zwischen 2015 und 2017 bis zu 126 Millionen Nutzer in den USA von russischen Quellen veröffentlichte Kommentare, Berichte und andere Inhalte erhielten.

Google erklärte am Montag erstmals öffentlich, ebenfalls manipulative Inhalte auf seinen Plattformen entdeckt zu haben. Wie bei Facebook stünden auch diese mit der in St. Petersburg sitzenden Einrichtung Internet Research Agency in Verbindung, erklärten die ranghohen Google-Vertreter Kent Walker und Richard Salgado im offiziellen Blog des Unternehmens. Dabei handele es sich aber um »begrenzte Aktivitäten«.

Twitter identifizierte laut einer Quelle, die in die Untersuchungen eingeweiht ist, 36 746 offenbar mit einem russischen Konto verbundene Konten, die »automatisch mit der Wahl zusammenhängende Inhalte generierten«. Dies sei in den letzten drei Monaten vor der Wahl geschehen. Insgesamt erstellten diese Konten rund 1,4 Millionen Tweets, die wiederum 288 Millionen Antworten, Kommentare, Weiterleitungen und andere Reaktionen von Nutzern auslösten.

Vertreter von Facebook, Google und Twitter sollten am Mittwoch weiter im Kongress zu der mutmaßlichen russischen Einflussnahme befragt werden. Die US-Geheimdienste werfen Russland vor, sich im vergangenen Jahr in den US-Wahlkampf eingemischt zu haben, um dem Republikaner Trump zum Sieg über seine demokratische Rivalin Hillary Clinton zu verhelfen. Der Kreml bestreitet eine Einmischung in den US-Wahlkampf. Es gebe »nicht einen einzigen Beweis« für eine russische Einflussnahme, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag.

Die Anhörungen finden vor dem Hintergrund der am Montag bekannt gewordenen Anklageerhebung gegen drei frühere Trump-Berater im Zuge der Russland-Affäre statt. Der frühere Wahlkampfleiter Paul Manafort und sein Vertrauter Richard Gates werden im Rahmen ihrer Lobbyistenarbeit für prorussische Kräfte in der Ukraine unter anderem der Verschwörung zur Geldwäsche beschuldigt. Dem dritten Angeklagten George Papadopoulos werden Falschaussagen angelastet. Agenturen/nd

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