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Starke Partner unter Umgehung der USA

Putin zu politischen und wirtschaftlichen Gesprächen in Teheran / Auch Alijew mit von der Partie

  • Oliver Eberhardt, Erbil
  • Lesedauer: 3 Min.

Pünktlich zum Treffen streute das iranische Außenministerium die Nachricht, US-Präsident Donald Trump habe sich während der UNO-Vollversammlung im September in New York mit seinem iranischen Amtskollegen Hassan Ruhani treffen wollen; der aber habe abgelehnt.

Belegen lässt sich das nicht, doch nicht nur in der iranischen Öffentlichkeit war die Wirkung immens: Auch in Irak, Libanon und Syrien wurde die Episode in den Medien prominent vermeldet. Sodann wurden die neuen Allianzen analysiert, die sich in der Region gebildet haben, seit in Washington Trump an die Macht gekommen ist. »Die USA haben an Bedeutung verloren«, sagt Vizeaußenminister Ebrahim Rahimpur, der den Rang eines Staatssekretärs hat: »Die Partnerschaft mit Russland und unseren Nachbarländern Armenien und Aserbaidshan ist für uns sehr viel wichtiger.«

Am Mittwoch traf sich Präsident Ruhani mit seinen Amtskollegen aus Russland und Aserbaidshan, Wladimir Putin und Ilham Alijew, in Teheran; es war das zweite Mal, dass die drei zusammentrafen. Die Tagesordnung war recht umfangreich: Vor allem wurden Energie- und Infrastrukturprojekte vereinbart. Über eine Bahnstrecke nach Russland möchte Iran Zugang zu europäischen Märkten erhalten; außerdem soll eine Pipeline nach Indien gebaut werden. Des weiteren ist der Anschluss Irans an das russische Bankennetzwerk geplant. Damit hätten iranische Unternehmen größeren Zugang zum Zahlungsverkehr mit dem Ausland, denn der funktioniert wegen der weiterhin bestehenden US-Sanktionen bislang nur sehr eingeschränkt.

Sprecher Putins und Ruhanis lassen keinen Zweifel daran, dass man damit den US-amerikanischen Einfluss in der Region eindämmen will. In Russland sieht man die Partnerschaft mit Iran als Möglichkeit, einen größeren Zugang in die Region zu erhalten. In Teheran indes erhofft man sich neben größerer Nähe zu den Welt-Handelsplätzen ein Gegengewicht zur US-Außenpolitik.

Immer wieder wurde am Mittwoch die »starke Partnerschaft« der beiden Regierungen in der Syrien-Frage betont, während die Staatschefs hinter verschlossenen Türen laut Tagesordnung über die Zeit nach dem Syrien-Krieg sprachen, eine Zeit, in der, davon geht man hier fest aus, der syrische Präsident weiterhin Baschar al-Assad heißen wird: »Schauen Sie sich das Land an«, sagt Rahimpur, »glaubt jemand ernsthaft, dass es eine Alternative gibt?«

Gesprochen wurde aber auch über Irak und Jemen: In beiden Fällen fordert Ruhani ein stärkeres Engagement Russlands. Man hofft darauf, dass Putin die Beziehungen zu Saudi-Arabien ausbaut, und damit, so Rahimpur »eine Brücke für eine Lösung des Jemen-Krieges baut«.

Auf der Tagesordnung stand aber auch der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidshan: Iran und Armenien pflegen enge wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen. Der aserbaidshanische Präsident Alijew fordert, die iranische Regierung möge deutlicher Position beziehen; direkt vor dem Treffen meldete die Regierung in Baku in einer auf Farsi verfassten Pressemitteilung an iranische Medien, armenische Streitkräfte hätten innerhalb von 24 Stunden »mehr als 120 mal« den Waffenstillstand verletzt.

Während Alijew am Mittwoch erneut forderte, Armenien müsse »die Besatzung« beenden; ließ Ruhani mitteilen, er setze auf »Verhandlungen auf Augenhöhe«, und auch Putin mahnte eine »Lösung, mit der jeder leben kann« an. Ein Ergebnis ist aber nicht in Sicht, was auch daran liegt, dass Aserbaidshans Diplomaten in Teheran den wirtschaftlichen Vereinbarungen derzeit den größeren Stellenwert zumessen.

Aufmerksam verfolgt wurde das Treffen von der israelischen Regierung. Denn während Regierungschef Benjamin Netanjahu öffentlich immer wieder betont, zwischen ihn und Trump passe »kein Blatt Papier« und die vollständige Isolation Irans fordert, hat er gleichzeitig die Beziehungen zu Russland massiv ausgebaut. Denn ganz gleich ob in der Atom- oder der Syrienfrage: »Putin kann Türen öffnen, die Trump nicht einmal kennt«, so ein Kommentator des israelischen Militärrundfunks.

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