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Flüchtlingslager in Papua-Neuguinea wird für Hunderte zur Endstation

Australien will Lager auf der Insel Manus offiziell schließen / Wiederholte Klagen über unmenschliche Zustände

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

Sydney. Seit Dienstagabend ist das australische Flüchtlingslager auf der Insel Manus in Papua-Neuguinea offiziell geschlossen. 600 Flüchtlinge sollten in andere Unterkünfte gebracht werden. Doch diese sind teilweise noch im Bau. Seit Dienstag leben deswegen rund 600 Männer ohne fließendes Wasser, ohne Strom, ohne funktionierende sanitäre Anlagen und mit inzwischen kaum mehr Nahrung und Medizin in den Baracken des eigentlich geschlossenen Lagers.

Flüchtlinge graben nach Wasser

Busse sollten die Flüchtlinge bereits am Mittwoch aus dem Lager wegholen, doch die Asylsuchenden weigern sich aus Furcht vor Übergriffen der Einheimischen. »Die Flüchtlinge sind in einem Zustand der Angst«, schrieb Behrouz Boochani, ein iranischer Journalist, der selbst als Flüchtling in dem Lager ist, in einem Artikel für den »Guardian«. »Es ist sehr gefährlich draußen«, schrieb er. »In der Vergangenheit sind Flüchtlinge schon mehrmals angegriffen worden, nicht einmal die Polizei kann ihre Sicherheit garantieren.«

Boochani twittert zudem in regelmäßigen Abständen über die Bedingungen, die stündlich schwieriger werden. Mitten in der Nacht hätten einige Flüchtlinge angefangen, im Boden nach Wasser zu graben, schrieb er. Viele könnten aus Angst nicht schlafen.

Australien verweigert Aufnahme

Die Schließung des Lagers war bereits im August 2016 angekündigt worden. Peter O’Neill, der Premierminister Papua-Neuguineas, hatte sie bekannt gegeben, nachdem geheime Dokumente aus einem weiteren australisch geführten Flüchtlingslager im Pazifik Menschenrechtsverletzungen und Kindesmisshandlungen enthüllten und es weltweit Proteste gab. Erste Flüchtlinge wurden inzwischen zwar dank eines amerikanisch-australischen Abkommens in die USA gebracht, darunter auch 25 aus dem Lager in Manus. Australien selbst verweigert die Aufnahme, nachdem die Asylsuchenden versucht hatten, per Boot von Indonesien aus nach Australien einzureisen. Bootsflüchtlinge werden offiziell seit 2013 nicht mehr anerkannt, um das Geschäft der Menschenschmuggler zu unterbinden.

UNO nimmt Australien in die Pflicht

Die UNO-Flüchtlingsagentur forderte die australische Regierung nach wiederholter Kritik am Donnerstag nun auf, die Situation auf Manus zu entschärfen. Zwei UNO-Vertreter sind derzeit auf Manus Island sowie ein Senator der Grünen Partei Australiens, der sich ebenfalls für die Flüchtlinge einsetzt.

In einer Pressemitteilung schrieben die UNO-Vertreter, dass es zu wenig alternative Unterkünfte für die Flüchtlinge gebe und diese nicht ausreichend gesichert seien. »Falls alle 600 Menschen sofort abreisen würden, würden viele keine adäquate oder ausreichende Unterkunft anderswo finden«, hieß es. Das »East Lorengau Regional Transit Centre« sei nur für eine vorübergehende Unterbringung geeignet und im »West Lorengau Haus« und im »Hillside Haus« gebe es keine Sicherheitszäune.

Die UNO-Agentur drängte die australische Regierung dazu, die »zunehmend angespannte und instabile Situation zu deeskalieren«. Australien sei nach wie vor für die Menschen verantwortlich. Australische Regierungsmitglieder stritten derweil wiederholt ab, dass die neuen Unterkünfte nicht fertig seien, und drängten die Flüchtlinge, das Lager zu verlassen und ihren Protest zu beenden.

Neuseeland könnte Hilfe anbieten

Die verfahrene Situation könnte eventuell mit Hilfe Neuseelands geklärt werden. Neuseeland wäre bereit, zumindest einen Teil der Asylsuchenden aufzunehmen, ein Angebot, das seit Längerem besteht, aber bisher von Australien abgelehnt wurde. Doch die neue neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern sagte am Donnerstag, sie wolle das Thema bei einem für Sonntag geplanten Treffen mit dem australischen Premier Malcolm Turnbull noch einmal ansprechen. dpa/nd

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