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»Das IOC demontiert die existierende Weltordnung im Sport«

Die von Russland dominierte Eishockeyliga KHL droht mit dem Boykott der Olympischen Winterspiele

  • Dominik Kortus, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Streit um die Olympiateilnahme Russlands spitzt sich zu. Nun werden offenbar auch unbeteiligte Athleten zum Spielball. Die russisch dominierte Kontinentale Hockey Liga (KHL) droht mit einem Abstellungsverbot aller Spieler, sollte das Internationale Olympische Komitee (IOC) einen Komplettausschluss Russlands beschließen oder russische Sportler nur als »neutrale Athleten« starten lassen.

»Das IOC demontiert die existierende Weltordnung im Sport«, sagte KHL-Präsident Dimitri Tschernyschenko: »Wir akzeptieren die Situation nicht, dass das IOC Informanten und Kommissionen nachgibt und Sportler sperrt, auch wenn es keine Fakten für Dopingvergehen gibt.« Sowohl ein Komplettausschluss als auch ein Start unter neutraler Flagge würden der olympischen Bewegung »erheblichen Schaden« zufügen.

Tschernyschenko verwies dabei auch auf das Vorgehen der nordamerikanischen Eishockeyliga NHL. Nach langwierigen Verhandlungen entschied die NHL, während der Winterspiele keine Pause einzulegen. Damit ist Spielern aus der NHL eine Olympiateilnahme nicht möglich. »Die KHL ist bereit, eine entsprechende Reaktion zu geben«, sagte Tschernyschenko nun.

Ein mögliches Abstellungsverbot würde das olympische Eishockeyturnier weiter abwerten und viele Nationen hart treffen. Durch das Aus der NHL-Stars sind bei einigen Mannschaften Spieler aus der KHL, die als zweitbeste Liga der Welt gilt, in den Fokus für Olympia gerückt. So stehen beispielsweise mehr als ein Dutzend KHL-Profis im vorläufigen Kader des Olympiasiegers Kanada. Das deutsche Team wäre nicht betroffen. In der KHL spielen insgesamt 27 Teams, 21 davon kommen aus Russland.

»Das sind alles verfrühte Spekulationen, bevor die beiden IOC-Kommissionen ihre Arbeit überhaupt abgeschlossen und bevor rechtsstaatlichen Grundsätzen folgende Verfahren stattgefunden haben, auf die jeder Mensch und jede Organisation einen Anspruch haben«, sagte ein IOC-Sprecher auf Anfrage. Weltverbandspräsident Rene Fasel erklärte laut Branchendienst »insidethegames.com«, dass ein Abstellungsverbot gegen die Regeln der Internationalen Eishockeyföderation IIHF verstoßen würde.

Erst am Mittwoch hatte das IOC Russlands Skilanglaufolympiasieger Alexander Legkow und dessen Teamkollegen Jewgenj Below lebenslang in allen Funktionen für Olympia gesperrt. Beiden wird vorgeworfen, vom staatlich gelenkten Dopingprogramm der Russen bei den Spielen 2014 in Sotschi profitiert zu haben. Eine Entscheidung über eine eventuelle Bestrafung Russlands will das IOC im Dezember fällen. Tschernyschenko war 2014 Chef des Organisationskomitees in Sotschi.

Seit der Veröffentlichung der zwei Berichte des Sonderermittlers Richard McLaren wird über eine Teilnahme Russlands an den Spielen in Pyeongchang gestritten. Mehrere nationale Antidoping-Agenturen hatten einen Ausschluss der Sportgroßmacht gefordert. Zudem waren weitere Stimmen laut geworden, harte Strafen gegen Russland zu verhängen. Kanada brachte beispielsweise provisorische Sperren für russische Athleten ins Spiel.

Dagegen warf Russlands Präsident Wladimir Putin zuletzt den USA vor, das IOC indirekt unter Druck zu setzen, um einen Komplettausschluss zu erwirken. Und machte dann seinerseits allerdings unmissverständlich klar, dass ein Bann oder der Start unter neutraler Flagge »eine Erniedrigung des Landes« darstellen würde.

Der kanadische Rechtsprofessor McLaren hatte Russland ein staatlich gelenktes Dopingsystem nachgewiesen - unter anderem während der Winterspiele in Sotschi. Dort waren Behälter mit Dopingproben mit Hilfe des Geheimdienstes geöffnet und der Urin der Sportler ausgetauscht oder manipuliert worden. SID/nd

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