Betrug, Trennung, Einigkeit

Auf dem Parteitag löst die Alternative für Deutschland die Doppelspitze ihres Landesvorstands auf

  • Felix von Rautenberg
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Zitadelle Spandau herrscht am Samstagnachmittag große Euphorie. Die rund 280 Mitglieder des AfD-Landesverbandes bejubeln Georg Pazderski, als der seine bisherige Tätigkeit als Vorsitzender auf dem vorgezogenen Parteitag Revue passieren lässt und sich um seine Wiederwahl bewirbt: »Wir wollen weg von dem Image, dass man sich mit der AfD lieber nicht einlässt«, wirbt er für seinen bürgerlich-rechten Kurs.

Eigentlich wählt die AfD ihre Landesvorsitzenden alle zwei Jahre - wenn nur die letzte Wahl des Landesvorstandes nicht manipuliert gewesen wäre. Seit Januar 2016 war Pazderski gemeinsam mit Beatrix von Storch im Amt. Der Landesparteitag musste wegen der Neuwahlen vorgezogen werden, hatte ein Schiedsgericht im Dezember 2016 festgelegt. »Wir sollten die Besten in einen Landesvorstand wählen. Führung bedeutet sowohl die Übernahme von Verantwortung als auch die Kritik der Mitglieder zu akzeptieren«, so Pazderski, den von Storch am Mittag für das Amt vorgeschlagen hatte.

Doch eben an dieser Kritik scheitert die jetzige Bundestagsabgeordnete von Storch bei der Wahl zur Co-Vorsitzenden. Bevor sie überhaupt vorgeschlagen werden kann, wirft der in seiner Partei rechtsaußen stehende Andreas Wild die Frage auf: »Frau von Storch, wie wollen sie einen Landesverband führen, wenn sie auf so vielen Hochzeiten tanzen?« Eine Doppelspitze ergäbe nur dann Sinn, wenn sie unterschiedliche Positionen abbilden würde. Und Andreas Wild, der wegen rechter Provokationen aus der AfD-Fraktion des Abgeordnetenhauses ausgeschlossen wurde, ist mit dieser Meinung nicht allein: Als es zur Wahl kommt, wird Georg Pazderski mit 74,6 Prozent der Stimmen als alleiniger Vorsitzender gewählt. Später bekommt Beatrix von Storch mit 56 Prozent als Trostpreis einen der drei Stellvertreterposten.

Mit seinem Kurs will Pazderski die Partei weiter in die bürgerliche, aber rechte Mitte rücken: »Wir müssen mit der AfD stärker in den Kiezen präsent sein. Wir müssen in die Schulen, in die Betriebe, in die Fußballclubs und die Vereine.« Nur so könne sich das Image der Partei verbessern. Diesbezüglich könne die AfD noch einiges von den »Altparteien« lernen. Eine solche Imageverbesserung in der Gesellschaft würde zur »besten Waffe gegen Linksextremisten und ihre offenen Bewunderer« werden.

Am Abend, zur Wahl der insgesamt sechs Beisitzer im Landesvorstand, zeigt die Partei ihr ganzes Gesicht: Mal meint die Bezirksverordnete aus Charlottenburg-Wilmersdorf, Marion Boas, rechts zu sein, sei »Tradition made in Gemany«. Dann beklagt der Pressesprecher des Landesverbandes, der Abgeordnete Ronald Gläser, die Partei würde in den Medien verteufelt und falsch dargestellt werden. Um sodann zu fordern, man müsse Berlins »roten Sumpf trockenlegen«. Neben ihm ziehen auch die Abgeordneten Martin Trefzer, Carsten Ubbelohde, und das Vorstandsmitglied der »Jungen Alternative« (JA), Thorsten Weiß, wieder als Beiräte in den Landesvorstand ein. Neben dem Berliner Abgeordnete Hugh Bronson hatte auch der Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Berg nicht mehr für den Landesvorstand kandidiert. An ihrer Stelle ziehen der Abgeordnete Frank Scheermesser und die JAlerin Sarah-Emanuela Leins ein.

Die Diskussion bleibt dürftig, die AfD übt sich in Einigkeit. Als es um kurz nach acht zur Wahl des Schatzmeisters kommt, verlassen rund zwei Drittel der übermüdeten Mitglieder den Saal, obwohl Beatrix von Storch zum Bleiben aufgefordert. Erst als der Vorsitzende Pazderski einen lauten Pfiff ausstößt, kehren einige um, nur um Frank-Christian Hansel wieder zum Schatzmeister zu wählen.

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