Republikanischer US-Senatskandidat Moore wegen Missbrauchsvorwürfen unter Druck

Ultrakonservativer soll 14-Jährige belästigt haben / Washington Post sprach mit 30 Frauen, die Moore sexistisches Verhalten vorwerfen

  • Lesedauer: 4 Min.

Washington. Nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung Minderjähriger ist ein ultrakonservativer Kandidat für den US-Senat unter Druck geraten. Mehrere Republikaner distanzierten sich am Donnerstag öffentlich von Senatskandidat Roy Moore aus Alabama, nachdem vier Frauen der »Washington Post« geschildert hatten, er habe sie belästigt oder ihnen Avancen gemacht, als sie 18 Jahre und jünger waren und er selbst Anfang 30 war.

Eine heute 53-Jährige sagte der Zeitung, Moore habe sie mit zu sich nach Hause genommen, als sie 14 Jahre alt war. Dort habe der damals als stellvertretender Bezirksstaatsanwalt arbeitende Moore sie bis auf Unterhose und BH entkleidet und betascht und ihre Hand an seine Genitalien geführt. »Darauf war ich nicht vorbereitet«, sagte die Frau der »Washington Post«.

Der heute 70-jährige Moore wies die Vorwürfe zurück. Sein Wahlkampfteam sprach von »Fake News«. »Wäre irgendetwas an diesen Vorwürfen wahr, wären sie schon lange öffentlich gemacht worden«, hieß es in einer Mail an Moores Unterstützer.

Der Fraktionschef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, erklärte, sollten die Vorwürfe stimmen, müsse Moore seine Kandidatur zurückziehen. Mehr als ein Dutzend weiterer Republikaner schlossen sich der Forderung an. Der frühere Präsidentschaftsbewerber und republikanische Senator John McCain erklärte, die Vorwürfe disqualifizierten Moore: »Er sollte sofort abtreten und dem Volk von Alabama die Möglichkeit geben, einen Kandidaten zu wählen, auf den sie stolz sein können.«

Jim Zeigler, staatlicher Rechnungsprüfer in Moores Heimatstaat Alabama, zog hingegen die Bibel zur Rechtfertigung von Moore heran: »Nehmen wir nur mal Josef und Maria: Maria war eine Jugendliche und Josef war ein erwachsener Zimmermann. Sie wurden die Eltern von Jesus«, sagte Zeigler der konservativen Tageszeitung »Washington Examiner«: »Da ist überhaupt nichts Unmoralisches oder Illegales dran.« Das Ganze sei »höchstens ein bisschen ungewöhnlich«.

Die Vorwürfe der befragten Frauen sind besonders deswegen so bedeutend und möglicherweise wahlentscheidend, weil Umfragen zuletzt ein unerwartet enges Rennen zwischen Moore und seinem demokratischen Herausforderer Doug Jones gezeigt hatten. Eigentlich ist Alabama traditionell eine »tiefrote« Republikanerhochburg, der Sieg eines Republikaners galt als sicher. Eine Umfrage des rechten Fernsehsender Fox News von Mitte Oktober jedoch prognostizierte jeweils 42 Prozent der Stimmen für beide Kandidaten. Doch die meisten Umfragen sagen einen Vorsprung von Moore voraus der bei etwa neun Prozent liegt. Nach landesweiten Gewinnen der Demokraten bei Wahlen zu verschiedenen politischen Posten am Dienstag versuchen ehrgeizige demokratische Organizer nun, trotz der Tatsache, dass Moore in den meisten Umfragen führt, den Republikanern den Senatssitz aus Alabama am 12. Dezember abzunehmen.

Washington Post: Woman Alleges Sexual Encounter As A Minor With Roy Moore | MSNBC

Insgesamt sprach die »Washinton Post« nach eigenen Angaben mit mehr als 30 Menschen, darunter die Mütter und Freundinnen der Frauen, die Moore unangemessenes Verhalten gegenüber Minderjährigen vorwerfen. Der alarmierendste Fall ist der der damals 14-Jährigen. Eine andere Frau sagte der Zeitung, Moore habe ihr Avancen gemacht, als sie 16 war. Erst Jahre später sei ihr klar geworden, dass es »ekelhaft« sei, wenn ein Erwachsener einer Jugendlichen den Hof mache.

Sollten die Vorwürfe zutreffen, hätte sich Moore damals strafbar gemacht. Die Altersgrenze für einvernehmlichen Sex mit Minderjährigen lag in Alabama seinerzeit - wie noch heute - bei 16 Jahren. Allerdings verjähren Delikte dieser Art nach drei Jahren.

Moore ist ein Vertreter der religiösen Rechten und tritt im Dezember bei einer Nachwahl zum Senat an. In einer Vorwahl der Republikaner im Südstaat Alabama zur Bestimmung des Senatskandidaten hatte sich Moore Ende September gegen den innerparteilichen Konkurrenten Luther Strange durchgesetzt, der von Präsident Donald Trump unterstützt wurde.

Schon vor seinem Sieg in der Vorwahl, mit dem er Trump eine Schlappe bereitete, hatte Moore internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen - mit rebellischen Aktionen als Richter, für die er von erzkonservativen Kreisen gefeiert wurde. Zwei Mal wurde er von seinem Posten am Obersten Gericht von Alabama verbannt: das erste Mal, weil er sich geweigert hatte, ein Denkmal für die alttestamentarischen Zehn Gebote aus einem Justizgebäude zu entfernen; das zweite Mal, weil er sich über ein bahnbrechendes Urteil des Obersten Gerichts in Washington zugunsten der Homo-Ehe hinwegsetzte. AFP/nd

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