Repression gegen Kurden: Im Sinne Erdogans

In verschiedenen deutschen Städten versucht die Polizei, das Konterfei des PKK-Führers Abdullah Öcalan bei Demonstrationen zu entfernen

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war keine leichte Woche für prokurdische Aktivisten in Deutschland. Am Samstag vor einer Woche wurde eine Demonstration mit mehreren Tausend Teilnehmern in Düsseldorf über Stunden von der Polizei aufgehalten. Ein Wasserwerfer stand bereit, Polizeikräfte unter anderem aus Bayern und Baden-Württemberg umstellten die Demonstrierenden. Menschen wurden verletzt. Der Grund für den Einsatz war, dass die Demonstrierenden Hunderte Fahnen mit dem Porträt von Abdullah Öcalan dabei hatten.

Am Donnerstag kam es wieder einmal zur Eskalation. Bei einer Kundgebung in Hannover sollte auch die »Öcalan-Bibliothek« dabei sein. Sie befindet sich in einem Reisebus, in dem Menschen die Schriften des seit 18 Jahren inhaftierten Führers der Arbeiterpartei Kurdistans PKK kennenlernen können. Auf dem Bus hing überlebensgroß ein Bild Öcalans. Die Polizei schritt ein und riss das Bild ab. Rund um den Einsatz gab es Tumulte. Fatoş Göksungur vom »Demokratischen Gesellschaftskongresses der Kurdinnen in Europa« (KCDK-E) war fassungslos über die Eskalation. »Gestern war der 30. Tag unserer Bustour. Wir sind durch verschiedene Städte Europas und Deutschlands gereist. In keiner anderen Stadt waren wir mit einem solchen Angriff konfrontiert. In Berlin, Hamburg oder Stuttgart gab es keine Probleme dieser Art. Gelten in Hannover andere Gesetze? Oder hat sich hier die Polizei einfach in den Dienst Erdogans gestellt? Deutschland setzt anstelle von Dialog weiterhin auf Eskalation und Konfrontation«, erklärte er.

Eigentlich war Göksungur zuversichtlich, die Bustour am Freitag in Dortmund fortsetzen zu können. Doch daraus wurde nichts. Die Dortmunder Polizei verbot die Kundgebung kurz vor ihrem Beginn. Das Verbot wurde auch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt. Zur Begründung hieß es, das Konterfei Öcalans verkörpere nach »allgemeiner Rechtsauffassung« die PKK. Diese gilt in Deutschland als »terroristische Vereinigung«. Der vor einem kurdischen Vereinsheim am Rande der Innenstadt geparkte Bus durfte Dortmund dann auch erst verlassen, als das Bild Öcalans überklebt wurde.

Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der LINKEN aus Dortmund, beschrieb das Handeln der Polizei als »beschämenden Dienst für den Diktator Erdogan«. Sie kritisiert außerdem die »ordnungspolitische Kleinstaaterei ohne jede Rechtssicherheit«, die derzeit in Sachen Öcalan-Bilder herrscht. In manchen Bundesländern ist es problemlos möglich, die Bilder zu zeigen, in anderen geht die Polizei dagegen vor. Auslöser für das Problem ist ein Erlass des Bundesinnenministeriums vom März. In dem Erlass wurde das PKK-Verbot konkretisiert. Unter anderem heißt es, dass Fahnen mit dem Bild Öcalans auf »grünem oder grün-gelbem Grund« nun auch verboten seien. Sie seien ein »Synonym für die PKK«.

Kurdische Gruppen reagierten darauf und druckten Öcalan vermehrt auf weiße Fahnen. Seit einem kurdischen Festival in Köln, bei dem die Fahnen von Tausenden gezeigt wurden, gibt es Streit um das neue Symbol. Erdogan-Anhänger und konservative Politiker hatten kritisiert, dass der »Terroristenführer« gezeigt wurde. Aus dem Bundesinnenministerium hieß es, man wolle das Verbot »konkretisieren«. Jedes Öcalan-Porträt soll in Zukunft davon betroffen sein. Noch ist die Entscheidung aber den einzelnen Polizeibehörden überlassen. Für die Organisatoren von prokurdischen Demonstrationen stellt sich jedes Mal neu die Frage, welche Bilder wohl erlaubt sind.

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