Android verrät ungefragt den Standort

Google-Handys telefonieren »nach Hause« - selbst gegen den Willen der BesitzerInnen

  • Florian Brand
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Internetgigant Google greift offenbar Daten seiner NutzerInnen ab - gegen deren ausdrücklichen Willen. Wie die Onlineplattform Quartz herausgefunden hat, greift das Unternehmen offenbar seit Anfang des Jahres in massivem Umfang auf die Standortdaten der zu Google gehörenden Android-Handys zu. Soweit, so ungewöhnlich. Wie die Plattform jedoch weiter herausgefunden haben will, geschieht dies auch gegen den eindeutigen Willen der NutzerInnen. So fand Quertz heraus, dass Android-Handys die Daten von Funkmasten »nach Hause« senden würde, selbst wenn diese kein GPS benutzen. Weiter fand Quertz heraus, dass die Android-Smartphones die Daten sogar ohne SIM-Karte sendeten. Dies geschehe auch wenn NutzerInnen explizit der Standortweitergabe ihrer Handys zuvor widersprochen hätten.

Seit Anfang des Jahres sollen mit Android betriebene Handys die Daten der Mobilfunktürme in deren Reichweite sie sich befinden, an den zu Alphabet Inc. gehörenden Konzern gesendet haben. Google wäre damit in der Lage, via Triangulation nicht nur die Position der HandybesitzerInnen zu lokalisieren, sondern auch ausführliche Bewegungsprofile anzufertigen.

Google dementierte auf Anfrage der Onlineplattform diesen Vorfall nicht, gab jedoch zu Protokoll, die Daten seiner NutzerInnen nicht gespeichert zu haben. Die Informationen seien nie in das Netzwerk-Synchronisierungssystem eingeflossen und auch nicht auf Google-Servern gespeichert worden, heißt es. Das Unternehmen entschuldigte sich kleinlaut und versprach, künftig die Standortinformationen nicht mehr zu nutzen. Spätestens bis Ende November soll die Praxis per Update eingestellt werden, teilte Google mit.

Der Fall ist besonders heikel für Betroffene von häuslicher Gewalt oder Polizeibehörden. Zwar wäre es für Dritte nicht leicht an die Informationen zu gelangen, da diese verschlüsselt gesendet wurden. Bei Geräten, die jedoch gehackt oder anderweitig mit schädlicher Software infiziert wurden, hätten diese Daten unvermittelt abgegriffen werden können.

Genaue Angaben über die Zahl betroffener Geräte gibt es nicht. Die Daten sollen jedoch über den Hintergrunddienst »Firebase Cloud Messaging« erhoben worden sein. Die App ist auf allen Android-Geräten standardmäßig installiert. Google ist mit weit mehr als 2,5 Milliarden aktiven Android-Smartphones Marktführer, weit vor Apples iPhone oder Microsofts mobilen Windows 10-Geräten.

Für Google kommt die Veröffentlichung zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt, zumal sich Software-Giganten gehäuft Kritik an ihrer Datensammelwut seitens DatenschützerInnen ausgesetzt sehen. Zwar betonen etwa Google, Facebook oder Apple immer wieder, die erhobenen Daten nur zu Werbezwecken zu verwenden, tatsächlich könnten jedoch allein durch Bewegungsprofile sensible Informationen, wie Wohnort, berufliches Umfeld, politische Einstellung, sexuelle Orientierung oder mögliche Erkrankungen erhoben werden. Informationen, die nicht nur in autoritären Regimen als kompromittierendes Material verwendet werden können.

Google ist nicht das erste Unternehmen, das für eine derartige Praxis in die Kritik gerät. 2011 fanden SicherheitsforscherInnen heraus, dass Apple damals ebenfalls die Aufenthaltsorte seiner Smartphone- und Tablet-NutzerInnen protokollierte - ohne das Wissen der Betroffenen.

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