Terrorabwehr-Konzept beschlossen

Innenausschuss debattierte Folgen aus Breitscheidplatz-Anschlag sowie Abschiebungen

  • Felix von Rautenberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Kurz vor dem Jahrestag des Terroranschlags auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz haben die Regierungsfraktionen im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses ein Anti-Terror-Paket vorgestellt. Damit soll die Prävention gegen den islamistischen Terror gestärkt werden.

Staatssekretär Torsten Akmann (SPD) erklärte dazu: »Der Plan der Regierungsfraktionen fordert den Senat auf, ein Kompetenznetzwerk aufzubauen, das der Radikalisierung von Jugendlichen und Häftlingen pädagogisch entgegenwirkt.« Neben dem pädagogischen Netzwerk, das wissenschaftliche Erkenntnisse über die individuelle Motivation sich radikalisierender oder bereits radikalisierter Menschen gewinnen soll, sehen die Pläne auch eine kooperative Leitstelle für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste vor, die die Einsatzleitsysteme der Behörden stetig evaluiert und auf dem neuesten technischen Stand hält. »Auch soll ein gemeinsames Trainingszentrum für die Einsatzkräfte geschaffen werden. Dafür wollen wir mit dem Land Brandenburg kooperieren«, erklärte Akmann.

»Wir wollen regelmäßig den Sachstand abfragen und sehen, was der Senat geleistet hat«, sagte der Innenexperte der Grünen, Benedikt Lux. »Der Antrag sieht einen Ausbau der Anlaufstelle für die Opfer der Anschläge vor, die bei der Traumaverarbeitung helfen soll«, so Lux, der den Antrag »als gemeinsam zu setzendes Zeichen vonseiten des Ausschusses« versteht.

Die Opposition war aber an diesem Montag nicht von der rot-rot-grünen Sicherheitspolitik überzeugt. Besonders Burkard Dregger (CDU) kritisierte die Regierungsparteien: »Ich frage mich, wofür der Senat diesen Antrag braucht, wenn er diese Inhalte ja eh schon umsetzt. Darin steht nichts zur Kontrolle von Gefährdern oder deren Aufenthaltsermittlung.« Laut Dregger müssten der Unterbindungsgewahrsam wie auch die Abschiebehaft ausgebaut werden. Etwaige Gefährder sollten Fußfesseln tragen müssen. Auch müsse der Senat Plätze für die Abschiebehaft schaffen, sagte Dregger, der dafür von Frank Zimmermann (SPD) gerügt wurde: »Herr Dregger, Sie vergessen, dass es Ihr Senat war, der die Abschiebehaftstelle in Grünau geschlossen hat.«

Trotz aller Kritik wurde Dregger nicht müde, weiter in Richtung Regierungsparteien und Innensenator Andreas Geisel (SPD) zu sticheln.

Der Innensenator verteidigte sich jedoch gegen Dreggers Vorwürfe, in der Hauptstadt würden zu wenig »kriminelle Ausländer« abgeschoben werden. »Bis Ende Oktober gab es circa 1500 Abschiebungen in Berlin«, sagte Andreas Geisel. Der Senator betonte: »Berlin ist an dieser Stelle durchaus tätig und steht damit bundesweit an fünfter Stelle. Täter, die Gewaltdelikte begangen haben, werden konsequent abgeschoben.« Allerdings müsse man zwischen kriminellen und anderen Ausländern und Einwanderern unterscheiden.

Obgleich der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag die Formulierung enthält, der Senat wolle niemanden abschieben, »setzen wir uns keineswegs über Bundespolitik hinweg«, erklärte der Innensenator in der anschließenden Diskussion das Verhältnis des Senats zu Abschiebungen.

Die CDU bezog sich in ihren Attacken auf den Senat vor allem auf den Fall eines jungen Tschetschenen, der wegen mehrerer Raubüberfälle in Berlin im Gefängnis saß, dann entlassen wurde und im vergangenen September eine 60-jährige Frau im Tiergarten ermordet haben soll. Nach seinem 18. Geburtstag sollte der Mann abgeschoben werden. Das gelang den Behörden jedoch nicht, weil sie dann nicht mehr wussten, wo er wohnte, und später eine Abschiebung nicht organisieren konnten.

Demgegenüber rechtfertigt sich Innensenator Andreas Geisel mit den Grundsätzen des Rechtsstaats, wofür er von seinen Koalitionspartnern Rückendeckung erhielt: Man kann Menschen nicht auf einen Verdacht hin einsperren und auch nicht lange vor einer geplanten Abschiebung schon ins Gefängnis stecken, so der Innensenator.

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