Nach BGH-Urteil verbesserter Haftungsschutz bei Flugreisen

Fluggastrechte

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Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe vom 21. November 2017 (Az: X ZR 30/15) können Fluglinien auch für Unfälle haften, die auf der Passagierbrücke geschehen. Der Gang über die Flugzeugtreppe in den Flieger gehöre zum Einsteigevorgang, urteilte der BGH.

Der Kläger wollte im Februar 2013 mit seiner Ehefrau von Düsseldorf nach Hamburg fliegen. Nach seinen Angaben rutschte er beim Einsteigen auf einer feuchten Stelle in der Fluggastbrücke aus. Diese war vermutlich durch Kondenswasser entstanden. Der Mann hatte sich dabei die linke Kniescheibe gebrochen und war sechs Wochen arbeitsunfähig. Er hatte seinem Anwalt zufolge bei der Lufthansa 48 000 Euro geltend gemacht, unter anderem als Schadenersatz für Heilungskosten, für die erlittene Erwerbsunfähigkeit und als Schmerzensgeld.

Das Landgericht (Urteil vom 27. Juni 2014, Az. 22 O 21/14) und das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (Urteil vom 25. Februar 2015, Az. I-18 U 124/14) hatten die Klage noch abgewiesen. Anders als das OLG Düsseldorf sieht der BGH eine Haftung nach dem Montrealer Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr für gegeben an, wenn die Feststellungen des Klägers zutreffen. Dieses Übereinkommen soll Flugreisende vor spezifischen Gefahren während einer Luftbeförderung schützen. Es erfasse auch die Vorgänge des Einsteigens und Aussteigens aus dem Flugzeug, so der BGH. Nach den internationalen Verträgen und Gepflogenheiten des Luftverkehrs hafteten Fluggesellschaften eigentlich nur für »typische Risiken des Luftverkehrs«, nicht aber für Ereignisse, die auch bei anderer Gelegenheit vorkommen können.

Wie nun der Bundesgerichtshof entschied, geht die Haftung jedoch darüber hinaus. Sie umfasse »spezifische Gefahren während einer Luftbeförderung«. Dazu gehörten auch das Ein- und Aussteigen.

In einer Fluggastbrücke gebe es konstruktionsbedingt keinen Handlauf, es könne durch Temperaturunterschiede aber zur Bildung von Kondenswasser kommen. Dies gehöre zu »spezifischen Risiken, vor denen die gesetzlich angeordnete Gefährdungshaftung den Reisenden schützen soll«, so der BGH.

Ob im konkreten Fall dem Fluggast eine Entschädigung zusteht und wie hoch diese wäre, muss nun das Oberlandesgericht klären. Das OLG muss laut BGH prüfen, ob die Behauptungen des Klägers zum Unfallhergang, zu dem das Berufungsgericht noch keine Feststellungen getroffen hat, richtig sind. Dabei muss auch geklärt werden, ob der Mann unverschuldet fiel oder ob ihm ein Mitverschulden angelastet werden kann. Die Lufthansa wollte sich inhaltlich zunächst nicht äußern und die ausführliche Urteilsbegründung abwarten. Agenturen/nd

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