Stärkere Regulierung - gut für Bankkunden?

Geldanlage Mifid

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

»Mit Essen spielt man nicht«, meinte Fabio De Masi, damals noch linker deutscher Abgeordneter im Europäischen Parlament. Seine Kritik galt der Nahrungsmittelspekulation. Weizen, Reis und andere Nahrungsmittel seien kein Futter für Finanzhaie. Um diese zu erlegen, galt lange Zeit die Hoffnung der Verbraucherschützer einer neuen Finanzmarktrichtlinie der Europäischen Union.

Mit der neuen Richtlinie ein hoffnungsvolles Regelwerk

Die Richtlinie Mifid II sollte - unter anderem - erstmals die Spekulation mit Nahrungsmitteln stoppen. Soweit kam es Anfang 2017 nicht. Das Europaparlament folgte nicht den Wünschen von Linken, Grünen und Nichtregierungsorganisationen. Dennoch sind große Hoffnungen mit dem neuen Regelwerk »Markets in Financial Instruments Directive« (Mifid) verbunden. Auch bei Verbrauchern. Die sollten zunächst einmal Post von ihrer Bank erhalten. Inhalt: Die Mifid-Novellierung versuche unter anderem, Marktstrukturen widerstandsfähiger und effizienter zu gestalten, die Transparenz zu erhöhen, Befugnisse der Aufsichtsbehörden auszuweiten, riskante Warentermingeschäfte stärker zu regulieren sowie den Anlegerschutz weiter zu verbessern. Ab 3. Januar 2018 wird Mifid II dann angewendet.

»Die Finanzmärkte haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert«, heißt es bei der Unternehmensberatung PWC zum Hintergrund. Die Entstehung neuer Handelsplätze und Produkte, technologische Fortschritte im Geldgeschäft sowie die erhöhte Bedeutung des Hochfrequenzhandels in Millisekunden hätten die Funktionsweise der Finanzmärkte »wesentlich« beeinflusst.

Tatsächlich sieht die Richtlinie Mifid sogar eine neue Form von Handelsplätzen vor, um den nicht-regulierten Handel mit Finanzinstrumenten endlich zu erfassen.

Wichtig auch für »normale« Bankkunden

Dies mag auf den ersten Blick nur für Experten in Investmentgesellschaften und Finanzmarktkritiker interessant sein. Doch auch für »normale« Bankkunden wird Mifid wichtig werden.

Um den Anlegerschutz zu stärken, legt die Richtlinie beispielsweise besonderes Augenmerk auf die Anlageberatung von Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften. Es gelten der Grundsatz des ehrlichen, redlichen und professionellen Handelns und die Verpflichtung, fair und klar gegenüber Kunden zu agieren. So wird beispielsweise die Kostentransparenz besser. Wer wie viel Geld verdient, wenn der Kunde ein Produkt kauft, soll der Verbraucher zukünftig genauer erfahren. Näheres wollten die Banken ihren Kunden brieflich mitteilen.

Besser werden soll auch die Dokumentation des Verkaufsgespräches. Das unpraktische, allerdings von Verbraucherschützern geschätzte seitenlange Beratungsprotokoll entfällt. Statt einer umständlichen Papierwüste soll nun klar dokumentiert werden, welches Anlageziel der Kunde verfolgt und welche Risiken er einzugehen gedenkt. Das angebotene Produkt muss dann diesen Zielen entsprechen!

Pflicht wird es zukünftig sein, Telefongespräche im Rahmen der Anlageberatung aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungen muss die Bank dann fünf Jahre vorhalten. Wobei sich die Frist auf Wunsch der Finanzaufsicht um zwei Jahre verlängern kann.

Schlagkraft der Aufsichtsämter wird gestärkt

Auch die Schlagkraft der Aufsichtsämter soll Mifid II stärken. Den zuständigen Behörden, in Deutschland ist das vor allem die Bundesfinanzaufsicht Bafin in Bonn und Frankfurt am Main, werden mehr Befugnisse eingeräumt. Die Behörden können künftig eine Reihe von verwaltungsrechtlichen Maßnahmen, Sanktionen und Geldbußen verhängen.

Für die Koordination der einzelnen nationalen Maßnahmen ist die die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, kurz ESMA, mit Sitz in Paris zuständig.

Aufsichtsbehörden sollen ab Januar 2018 sogar den Vertrieb bestimmter Produkte oder Dienstleistungen verbieten können. Als Beispiel gelten »Leh.-man-Zertifikate«, die auch viele deutsche Kunden von Sparkassen vor der Finanzkrise gekauft hatten. Doch als die US-Investmentbank 2008 zusammenbrach, waren die Zertifikate wertlos. Ahnungslose Kunden sollen nunmehr vor solchen Zocker-Papieren besser geschützt werden.

Allerdings fällt die Umsetzung in Deutschland teilweise hinter die Möglichkeiten, die Mifid bietet, zurück, kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). So sei die Qualität der provisionsbasierten Anlageberatung nachweislich unzureichend. Der Ursprung allen Übels liege in den Provisionen und den daraus resultierenden Fehlanreizen. Die Provisionsberatung solle daher bis 2023 ganz abgeschafft werden. Die Verbraucherschützer loben indes den »guten Ansatz«, den Mifid verfolge.

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