Witali Mutko muss gehen

Russischer Fußballboss tritt zurück, bleibt aber WM-Chef

  • Jan Mies, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.

Verwirrung um Witali Mutko: Der stellvertretende russische Ministerpräsident, der nach Ansicht des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) die »administrative« Verantwortung für den riesigen Dopingskandal in Russland trägt, tritt angeblich von seinem Amt als Präsident des nationalen Fußballverbandes (RFS) zurück - bei der Weltmeisterschaft 2018 könnte er sich dennoch als »Macher« der Endrunde präsentieren.

Von Mutkos Rückzug berichteten am Freitag mehrere russische Medien, auch die »New York Times« griff die Geschichte auf. Am zweiten Weihnachtsfeiertag soll die RFS-Spitze für Beratungen zusammenkommen. Mutko - vor allem für die russischen Nachrichtenagenturen sonst Tag und Nacht zu erreichen - äußerte sich bislang nicht. Deshalb bleibt bislang offen, wie dieser Schritt einzuordnen wäre. Um wirklich Konsequenzen aus dem gewaltigen Skandal zu ziehen, den Mutko zuletzt vehement leugnete, müsste er sich auch als WM-Organisationschef zurückziehen. Das Amt des RFS-Präsidenten ist ein halbes Jahr vor der Endrunde das unbedeutendere.

Das IOC hatte Mutko Anfang Dezember wegen dessen Rolle im Dopingskandal für immer aus der olympischen Bewegung verbannt. Während der Hochzeit des russischen Betrugssystems rund um die Winterheimspiele in Sotschi 2014 war Mutko Sportminister. Im Zuge der Ermittlungen wurde er vom Whistleblower Grigorij Rodtschenkow enorm belastet.

Der Fußballweltverband teilte jetzt mit, sich zu Spekulationen nicht äußern zu wollen. Durch den russischen Dopingskandal steht aber auch die FIFA unter Druck. Auch, weil immer noch offen und deshalb fraglich ist, ob die verbandseigene Ethikkommission auf das Mutko-Urteil des Internationalen Olympischen Komitees reagiert und ihrerseits Ermittlungen aufgenommen hat. Bislang scheute sich die FIFA aber bislang, den WM-Macher zu sanktionieren.

Weltverbandspräsident Gianni Infantino ist ein gern gesehener Gast in Moskau. Als Mutko kurz vor der WM-Gruppenauslosung in einer schier ewigen Wutrede alle Vorwürfe leugnete und als Werk des Westens verteufelte, saß Infantino stumm daneben. Als Mutko im vergangenen Frühjahr wegen Ämterhäufung nicht zur Wiederwahl ins FIFA-Council zugelassen worden war, lag das am ehemaligen FIFA-Kontrolleur Miguel Maduro, der anschließend aus seinem Amt an der Spitze der Governancekommission gedrängt wurde. »Wie nun in der Öffentlichkeit bekannt ist, führte unsere Entscheidung, den russischen Vize-Ministerpräsidenten Mutko nicht zur Wahl des FIFA-Rats zuzulassen, zur Reaktion der FIFA-Führungsriege gegen unsere Unabhängigkeit«, schrieben Maduro, die Südafrikanerin Navi Pillay und der Amerikaner Joseph Weiler - beide ebenfalls frühere Mitglieder der Kommission - am Freitag in einem Gastbeitrag für die »FAZ«.

Der frühere Präsident der deutschen Leichtathletik und Antidoping-Vorkämpfer, Clemens Prokop, fordert Konsequenzen. »Die Ethikkommission der FIFA müsste schon längst ermitteln und bis zur Klärung der Vorwürfe Witali Mutko zumindest suspendieren«, sagte er: »Sie müsste sich die Ergebnisse der IOC-Ermittler vorlegen lassen und dann eine endgültige Entscheidung treffen.« SID/nd

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