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  • Familiennachzug bei Flüchtlingen

CSU zieht sich auf Härtefall zurück

Pro Asyl fordert Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte zu beenden / Geschäftsführer Burkhardt: Härtefallregelung »absolut nicht ausreichend«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Im Streit um den Familiennachzug für Flüchtlinge haben CSU-Politiker bekräftigt, den Zuzug bei subsidiär Geschützten über März 2018 hinaus aussetzen zu wollen. »Stimmt dieser Rahmen, kann man über bestimmte Härtefälle sicherlich reden«, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gegenüber der »Süddeutschen Zeitung«. Dabei dürfe aber »die Obergrenze von 200.000 Zuwanderern jährlich nicht überschritten werden«. Nur in Einzelfällen sollen also Geflüchtete Familienangehörige nachholen können.

Das »Angebot« des CSU-Innenpolitikers Stephan Mayer von Donnerstagmorgen lässt sich gar dahingehend interpretieren, dass der Härtefall zum Normalfall werde solle. »Für eine Ausweitung der Härtefallregelung bin ich offen, insbesondere um bei besonders tragischen Schicksalen, beispielsweise bei einer schwerwiegenden oder tödlichen Erkrankung, die Familienzusammenführung leichter und schneller zu ermöglichen«, sagte Mayer den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Pro Asyl: Härtefallregelung nicht ausreichend

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl reagiert empört auf diese Äußerungen. »Eine Härtefallregelung ist absolut nicht ausreichend«, so Geschäftsführer Günter Burkhardt. Es bleibe unklar, wer nach welchen Kriterien auswähle, wer aus dem Kriegs- und Krisengebiet ausreisen darf und wer nicht. »So kann ein Grundrecht durch Behördenentscheidungen zum Leerlaufen gebracht werden.« Pro Asyl erwarte, dass die verbrieften Grund- und Menschenrechte eingehalten werden. Daher müsse »die gesetzliche Trennung der Familien« auslaufen, so Günter Burkhardt.

Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem subsidiärem Schutzstatus ist seit Frühjahr 2016 ausgesetzt. Die Union will die im März auslaufende Aussetzung verlängern, vor allem die CSU setzt in dieser Frage auf eine harte Linie. Das Thema dürfte einer der Knackpunkte in den Anfang Januar beginnenden Sondierungsgesprächen zwischen CDU/CSU und SPD über eine mögliche Regierungsbildung werden.

Pro Asyl wendet sich nun direkt an die SPD. Sie solle sich nicht auf faule Kompromisse einlassen. Schon einmal haben die Sozialdemokraten demnach »mit dem leeren Versprechen, eine Härtefallregelung würde funktionieren« eine Fehlentscheidung mitgetragen. Pro Asyl verweist darauf, dass seit Aussetzung des Familiennachzugs gerade einmal 66 Visa nach der Härtefallregelung gemäß § 22 AufenthG gewährt wurden. Lediglich 230 weitere Fälle befänden sich noch in Bearbeitung, wie aus einer Antwort des Auswärtigen Amtes vom 6. Dezember hervorgehe. » 66 einzelne Visa nach knapp zwei Jahren können aber keinen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Familiennachzug ersetzen«, so Günter Burkhardt.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet hatte am Dienstag mit einer Äußerung zur Härtefallregelung beim Familiennachzug Bewegung in die Debatte gebracht. Bei den Sozialdemokraten war der Vorstoß am Mittwoch auf ein geteiltes Echo gestoßen: Während SPD-Vize Ralf Stegner den Vorschlag als unzureichend zurückwies, begrüßte Generalsekretär Lars Klingbeil, dass Laschet »die starre Blockadehaltung der Union« nicht mitmache.

Städtetags-Präsident hofft auf »kluge Lösung«

Der neue Präsident des Deutschen Städtetages, der Münsteraner Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU), erhofft sich von der künftigen Bundesregierung eine »kluge Lösung« beim Familiennachzug für Flüchtlinge. Lewe, der sein Amt am 1. Januar antritt, sagte am Donnerstag in Berlin, einerseits dürften die Städte nicht überfordert werden. Andererseits könne das Nachholen enger Familienangehöriger die Integration von Geflüchteten erleichtern. Beide Aspekte müssten berücksichtigt werden.

Die Städte hätten nicht nur die Aufgabe, Flüchtlinge unterzubringen, sondern müssten vor allem dafür sorgen, »dass diejenigen, die hierher gekommen sind, schnellstmöglich ein Stück Zuhause finden«, sagte Lewe. Er habe den Eindruck, dass dies den meisten Städten gegenwärtig recht gut gelinge. Agenturen/nd

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