nd-aktuell.de / 09.01.2018 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 20

Öltanker droht zu explodieren

Experten fürchten, dass der Unfall vor Chinas Ostküste eine Umweltkatastrophe auslöst

Ben Dooley, Peking

Bei dem vor Chinas Küste in Brand geratenem iranischen Öltanker hat sich die Lage weiter zugespitzt. Der Tanker drohe »zu explodieren oder zu sinken«, teilte Chinas Verkehrsministerium am Montag mit. Auf der Suche nach der Besatzung wurde eine Leiche entdeckt, die zunächst nicht identifiziert werden konnte. Umweltschützer befürchten immensen Schaden durch das Schiffsunglück.

Rettungskräfte hätten am Montagnachmittag einen bisher nicht identifizierten Leichnam geborgen, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Ku Lang. Die Bedingungen für die Such- und Rettungsarbeiten seien »nicht günstig«. Der Leichnam wurde fünf bis sechs Kilometer vom Tanker entfernt gefunden, sagte Aliresa Irvash vom iranischen Konsulat in Shanghai dem iranischen Staatsrundfunk Irib.

Retter haben Schwierigkeiten, zur 274 Meter langen »Sanchi« zu gelangen. Der Tanker hatte 136 000 Tonnen Rohöl geladen. Beim Versuch, zu den 30 Iranern und zwei Bangladeschern an Bord zu gelangen, schlugen den Rettern giftige Rauchwolken entgegen. Auf Twitter zeigte der chinesische Staatssender CGTN ein Video, auf dem ein Löschboot das Feuer auf dem Tanker anscheinend unter Kontrolle gebracht hatte.

Der Tanker gehört laut Irans Ölministerium der nationalen Tankergesellschaft NITC. Am Samstagabend war das Schiff auf dem Weg nach Südkorea 300 Kilometer östlich von Shanghai mit der unter Hongkonger Flagge fahrenden »CF Crystal« zusammengestoßen. Chinas Behörden versuchten, das Auslaufen des Öls einzudämmen. Experten befürchten dennoch, dass der Unfall eine Umweltkatastrophe auslösen könnte.

Die Umweltorganisation Greenpeace erklärte, sie sei »besorgt über den potenziellen ökologischen Schaden, den die Million Barrell Rohöl an Bord verursachen könnten«. »Es ist sehr gut möglich dass dadurch großflächig marines Leben getötet wird«, sagte Umweltexpertin Wei Xianghua von der Tsinghua Universität Peking.

China hatte am Montag zwei Schiffe im Einsatz, um das Öl einzudämmen. Zehn von China entsandte Schiffe sowie »viele Fischerboote« würden bei der laufenden Rettungsaktion helfen, hieß es. Auch ein Schiff der südkoreanischen Küstenwache sei vor Ort. Ein US-Marineflugzeug hatte am Sonntag eine großes Gebiet nach möglichen Überlebenden abgesucht.

Der Unfall ist der neueste in einer Reihe verhängnisvoller Schiffsunfälle der vergangenen Jahre in Ostasien. Im Oktober 2017 starben 13 Besatzungsmitglieder eines chinesischen Fischerboots nach der Kollision mit einem Öltanker vor Japans Westküste. Auch US-Marineschiffe waren in Unfälle verwickelt. So stieß der Zerstörer USS John S. McCain im August mit einem Tanker aus Singapur zusammen. Zehn Seeleute starben. AFP/nd