Kühnert: Nicht nur bei Jusos sind viele unzufrieden mit Sondierung

Umfrage zeigt Überzeugung, dass sich die SPD nicht durchgesetzt hat / SPD-Chef Schulz in Dortmund bei »sehr offenem Meinungsaustausch«

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Berlin. Juso-Chef Kevin Kühnert sieht in der SPD weiterhin große Skepsis gegenüber einer neuen großen Koalition - auch wenn die Führungsriege der Partei nun überwiegend für Koalitionsverhandlungen mit der Union wirbt. »Viele - und zwar nicht nur bei den Jusos - sind unzufrieden mit dem Sondierungspapier«, sagte Kühnert der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. »Die Stimmung in der SPD ist sehr kontrovers.« Mit Blick auf das anstehende Votum der SPD beim Bundesparteitag am kommenden Sonntag sagte er: »Ich möchte über das Ergebnis der Abstimmung auf dem Parteitag nicht spekulieren.« Kühnert betonte aber: »Wir tun gerade alles dafür, dass das Ergebnis in unserem Sinne ausfällt. Chancenlos sind wir nicht.«

Zumindest eine weit verbreitete Überzeugung, dass sich die SPD nicht durchgesetzt habe, zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Civey. Nur 20 Prozent der SPD-Anhänger glaubten demnach die SPD habe sich bei den Sondierungen am meisten durchgesetzt, 31 Prozent der Wähler der Sozialdemokraten denken hingegen dies war die CDU und nur 18 Prozent meinen alle drei Parteien hätten sich »gleich« durchgesetzt. In der letzten Sonntagsfrage von INSA, die am Wochenende erhoben wurde, fiel die SPD auf 18,5 Prozent.

Union und SPD hatten am Freitag ihre Sondierungsgespräche abgeschlossen und ein 28-seitiges Papier mit Ergebnissen vorgestellt. Am kommenden Sonntag soll ein SPD-Parteitag in Bonn entscheiden, ob die Sozialdemokraten förmlich in Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU einsteigen oder nicht. Parteichef Martin Schulz und viele andere aus der SPD-Führung werben nun bei der Parteibasis intensiv für eine möglichst breite Zustimmung zu diesem Schritt. Die Jusos mit Kühnert an der Spitze versuchen dagegen, bei den SPD-Landesverbänden Widerstand gegen eine weitere große Koalition zu organisieren.

Schon im Dezember stimmte zunächst der SPD Landesverband in Thüringen gegen eine erneute GroKo – allerdings vor dem Ende der Sondierungen. Am Sonntag stimmte auf Initiative der Jusos die SPD Sachsen-Anhalt gegen die Sondierungsergebnisse. Auf Twitter mobilisieren Teile der SPD-Basis unter dem Hashtag #Zwergenaufstand gegen eine erneute große Koalition. Das Wort hatte der CSU-Politiker Dobrindt benutzt. Er empfahl SPD-Chef Schulz die Niederschlagung eines »Zwergenaufstands« an der Basis. Montagabend sprach sich auch Landesverband in Berlin mehrheitlich gegen eine Zusammenarbeit mit CDU/CSU aus. Für die Sondierungen haben sich die Landesverbände in Brandenburg, Niedersachsen und im Saarland ausgesprochen.

Parteichef Martin Schulz versuchte gestern Abend in Dortmund die Basis zu überzeugen. »Es war ein sehr offener und sehr konstruktiver Meinungsaustausch«, sagte Schulz am Montagabend nach einer sogenannten Delegiertenvorbesprechung in Dortmund. Es habe eine sehr lebhafte Diskussion gegeben, deren Ernsthaftigkeit ihn sehr beeindruckt habe. Es sei »viel Nachdenklichkeit« ausgelöst worden. Dem Parteitag sehe er sehr optimistisch entgegen.

Schulz hatte die 79 westfälischen Delegierten sowie weitere Gäste nach Dortmund eingeladen. Rund 70 Parteifunktionäre waren der Einladung gefolgt. Die Diskussion fand hinter verschlossenen Türen statt. Schulz verließ die Veranstaltung, an der auch Andrea Nahles teilnahm, nach gut drei Stunden. dpa/nd

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