Stillstand in Washington

US-Senat ringt um Haushaltskompromiss

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wenn wir es heute Nacht nicht hinbekommen«, so der republikanische US-Senator Lindsey Graham am Sonntagabend, »dann mache ich mir ernsthaft Sorgen, wie es weitergeht, weil auch die Rhetorik nur hässlicher werden wird«. Doch die Rauchzeichen aus dem Washingtoner Kapitol kamen nicht. Republikaner und Demokraten konnten sich wieder nicht auf einen Überbrückungshaushalt für die Bundesregierung einigen. So ging der Zwangsstillstand für Behörden und Ministerien am Montag in den dritten Tag. Ämter blieben geschlossen, etwa 850 000 Staatsbedienstete wurden in Zwangsurlaub geschickt, ohne Gehalt. Lediglich unumgängliche öffentliche Aufgaben sind vom »Shutdown« ausgeschlossen, Soldaten, Polizisten und Grenzschützer etwa weiter im Einsatz - allerdings auch unbezahlt. Zumindest die vorübergehend geschlossene Freiheitsstatue öffnete am Montag wieder für Besucher. Der Bundesstaat New York werde die Kosten für den Betrieb von Statue und Einwanderermuseum auf Ellis Island in Höhe von rund 65 000 Dollar übernehmen, ließ der demokratische Gouverneur Andrew Cuomo wissen.

Um 12 Uhr Ortszeit (18 Uhr MEZ) wollten die Senatoren am Montag erneut abstimmen. Es geht um den Vorschlag von Mitch McConnell, republikanischer Mehrheitsführer in der zweiten Kongresskammer, zur Anhebung der Schuldenobergrenze. Sie würde eine Übergangsfinanzierung bis zum 8. Februar ermöglichen. Die Republikaner haben nach der Wahl im November 2016 zwar eine knappe Mehrheit im Senat, doch für eine solche Etatabstimmung brauchen sie 60 der 100 Stimmen und damit Unterstützung von Demokraten.

Zentraler Streitpunkt ist dabei die Einwanderungspolitik. Die Demokraten drängen auf eine Fortführung des unter Präsident Barack Obama eingeführten Programms, das Migranten, die als Kinder mit ihren Eltern ohne gültige Papiere in die USA gebracht wurden, vor Abschiebung schützt. Nachfolger Donald Trump hatte es im Herbst per Dekret erst einmal beendet und den Schwarzen Peter an den Kongress weitergegeben. Er soll eine gesetzliche Neuregelung finden. Termin: 5. März. Gibt es keine Einigung, droht Hunderttausenden Betroffenen zumindest langfristig die Abschiebung. Die Demokraten versuchen nun, im Haushaltsstreit in dieser Frage eine humanere Lösung durchzusetzen, zumal sich das Programm nach Einschätzung von Experten als Weg zu einer erfolgreichen Integration erwiesen hat.

Die Republikaner wiederum versuchen vor allem, im Haushaltsgesetz die Finanzierung der von Trump im Wahlkampf großspurig versprochenen Mauer an der Grenze zu Mexiko zu verankern. Obwohl es zwischendurch Zeichen einer Annäherung zu geben schien, fiel der Kompromiss am Ende erneut aus. Verhandeln mit dieser Regierung sei wie verhandeln mit »Wackelpudding«, klagte der demokratische Fraktionsführer Chuck Schumer. Und selbst der prominente Republikaner Lindsey Graham gab dem Weißen Haus, insbesondere erzkonservativen Beratern Trumps, eine Mitschuld am Regierungsstillstand.

Der Haushaltsnotstand ist der erste seit Oktober 2013. Damals dauerte er 16 Tage. Hält er jetzt an, könnte das weitreichende politische Folgen haben, werden im Herbst doch große Teile des Kongresses neu gewählt. Laut einer aktuellen Umfrage des Politikportals »Politico« könnten die Republikaner dabei mehr Wählerstimmen verlieren als die Konkurrenz; 41 Prozent der Befragten sehen sie als Hauptschuldige für die Situation, 36 Prozent die Demokraten.

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