Niki bleibt Lauda

Gerangel um den österreichischen Ferienflieger erfuhr eine von nur wenigen Experten erwartete Wende - British-Airways-Mutter IAG ist raus

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Nach einer fast 15-stündigen Sitzung traf der Gläubigerausschuss im österreichischen Hauptinsolvenzverfahren der Niki eine wahrlich überraschende Entscheidung: Niki geht zu Lauda, dem Gründer der Airline. Das teilten die beiden Insolvenzverwalter Ulla Reisch und Lucas Flöther am Dienstagmorgen mit. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es: Aus einem »transparenten Bieterprozess« sei »die Laudamotion GmbH als Bestbieter hervorgegangen«. Für deren Angebot habe man sich einstimmig ausgesprochen. Zum Kaufpreis und zu Details des Angebots machten beide keine Angaben, meinten jedoch: »Es wird von einer kurzfristigen insolvenzrechtlichen Genehmigung der Transaktion in Österreich und in Deutschland ausgegangen.«

Ursprünglich hatte die British-Airways-Mutter IAG kurz vor dem Jahreswechsel den Kauf von Niki ausgehandelt, nachdem ein Erwerb durch die deutsche Lufthansa an Bedenken der EU-Wettbewerbshüter gescheitert war. Über die Tochterfirma Vueling hatte IAG 20 Millionen Euro für Niki geboten und zusätzlich einen Kredit von 16,5 Millionen Euro für den Weiterbetrieb der Airline gegeben. Dann jedoch kam es zum Rechtsstreit über die Insolvenz von Niki. Das Amtsgericht von Berlin-Charlottenburg hatte sich zuerst für das Niki-Verfahren zuständig erklärt, weil das operative Geschäft und die Führung von Niki am Sitz der abgewickelten Konzernmutter Air Berlin angesiedelt waren. So sah das auch das Berliner Landgericht - bis Niki dagegen Beschwerde beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einlegte. Ziel: Die Insolvenz von Niki sollte in Österreich und nicht in Deutschland abgewickelt werden.

Das Landesgericht im niederösterreichischen Korneuburg hatte sogleich ein weiteres Insolvenzverfahren eröffnet und Bietern damit eine zweite Chance eröffnet. Der deutsche Insolvenzverwalter der Air-Berlin-Tochter Niki kündigte daraufhin an, mit seiner österreichischen Kollegin zusammen den Verkauf über die Bühne zu bringen.

Im neuen Insolvenzverfahren konnten bis zum vergangenen Freitag Angebote abgegeben werden. Unter den Interessenten waren neben dem ursprünglichen Käufer IAG auch der österreichische Ex-Rennfahrer Niki Lauda. Er hatte den Ferienflieger 2003 gegründet.

Doch Lauda ist nicht allein. Er bot gemeinsam mit dem Reiseveranstalter Thomas Cook und dessen Tochter-Airline Condor. »Ich brauche einen operativen Partner, um im März fliegen zu können«, erklärte Lauda die Allianz mit dem britischen Cook-Imperium. Bei den Verhandlungen mit der Lufthansa habe er sich bereits 15 Flugzeuge gesichert, um - so er den Zuschlag bekäme - im März den Flugbetrieb wieder aufnehmen zu können. So sagte es Lauda am Sonntag dem österreichischen Boulevardblatt »Kurier«. »Falls mein Anbot das überzeugendste sein sollte, werden wir gemeinsam wieder Schwung in die Bude und den österreichischen und europäischen Luftverkehr bringen!«. Nun kann Lauda zeigen, was hinter der Prahlerei steckt.

Bei Niki waren zuletzt rund eintausend Mitarbeiter beschäftigt. Rund 750 von ihnen sollten von IAG übernommen werden. Das Wirrwarr um die Insolvenzkompetenzen und den Verkauf der Airline haben in der Belegschaft zu viel Ärger und Frust geführt. Im österreichischen Rundfunk hat Niki-Betriebsratschef Stefan Tankovits bis zum Wochenende noch betont: »Wir möchten, dass Vueling bleibt und alles wie geplant über die Bühne geht.« Zugleich warnte er: Sollte Lauda den Zuschlag erhalten, werde er wohl vor einem personellen Scherbenhaufen stehen. Tankovits berichtete, dass »50 bis 100« Flugbegleiter die Airline verlassen haben und »sehr viele« der rund 220 Piloten Angebote von anderen Fluggesellschaften erhalten haben.

Ob die Flucht anhält? Immerhin hat Lauda sich zum Standort Wien bekannt und Gesprächsbereitschaft über einen Kollektivvertrag signalisiert. Alle Beschäftigten würden ein Angebot erhalten, versprach er. Zugleich muss Lauda jedoch Vueling auslösen. Der »Zwischendurchbesitzer« hat bereits drei Millionen Euro des vom Billigflieger zugesagten Kredits für den Erhalt der Betriebsfähigkeit von Niki verbraucht.

Unklar ist bislang, wie sich Vueling mit der IAG im Rücken verhalten wird. Auf Anfrage der Online-Plattform airliners.de hieß es lediglich, dass man »enttäuscht« sei, weil sich »Niki nicht als Teil der Airline-Gruppe entwickeln und stärker werden kann«. Dass nun alle Nachbeben der Air-Berlin-Insolvenz beendet sind, glaubt kein Experte. Dazu ist der Luftverkehr gerade im EU-Raum zu gnadenlos. Sicher ist: Lufthansa hat den größten Gewinn aus der Air-Berlin-Pleite gezogen. Easy jet las die Krümel auf und - in Brexit-Zeiten sehr wichtig - verankerte sich auf dem Kontinent.

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