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  • Wohungsgesellschaft Deutschen Wohnen

Kein Wasser, kein Fahrstuhl

Mieter der Deutschen Wohnen leiden unter massiven Instandhaltungsmängeln

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit 25. Dezember ist der Fahrstuhl in der Mendelssohnstraße 5 in Prenzlauer Berg kaputt. »Meine schwer gehbehinderte Frau ist seitdem in unserer Wohnung im 9. Stock eingesperrt«, berichtet ein Mieter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. »Wir kamen an dem Tag von einem Familientreffen zurück und mussten die Feuerwehr rufen. Die hat meine Frau hinaufgetragen«, berichtet der Mann in hohem Alter. Letztlich habe sich herausgestellt, dass der Aufzug nicht reparabel ist.

»Wir haben den Auftrag für den Neubau am 11. Januar der Firma Schindler erteilt«, sagt Marko Rosteck, Sprecher der Deutsche Wohnen auf nd-Anfrage. Man habe Stühle im Treppenhaus aufgestellt und parallel versucht, Krankentransporte zu organisieren. Der betroffenen Mieterin würden anfallende Zusatzkosten ersetzt, versichert Rosteck. Mindestens zwei Monate werde es allerdings dauern, bis wieder ein funktionstüchtiger Lift zur Verfügung stehe, bedauert er. Mit jedem Tag werde die Situation schwieriger, erzählt der Mieter. »Bald stehen auch Arzttermine an. Ich weiß nicht, wie meine Frau dort hinkommen soll.«

Auch Stefan Metze ist Mieter der Deutsche Wohnen. Er wohnt im 21. Stock des Hauses Straße der Pariser Kommune 21. Er trifft sich mit seinem Vermieter an diesem Donnerstagvormittag vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg. Der Konzern hat ihn wegen Mietrückständen verklagt. »Es geht um eine fünfstellige Summe«, sagt Unternehmenssprecher Marko Rosteck. Metze bestätigt das und nennt Gründe für seine massive Mietminderung: »Ich hatte fast zweieinhalb Jahre kein vernünftig fließendes Wasser.« Entweder sei es kochend heiß gewesen oder es habe nur aus dem Hahn getröpfelt. »Seit der Übernahme der ehemaligen GSW-Bestände durch die Deutsche Wohnen wird die Instandhaltung total vernachlässigt«, beobachtet Metze. Über ein Jahr lang überwies der Mieter nur einen Euro monatlich Kaltmiete. »Mein Mandat möchte die volle Miete zahlen. Er will aber die Zusage haben, dass die Mängel im Haus abgestellt werden«, erklärt Metzes Rechtsbeistand, der Anwalt Michael Schäfer.

Die Anwältin der Deutschen Wohnen bietet zunächst eine Aufhebung des Mietvertrags an, um dann zu erklären, dass das Problem mit dem Wasserdruck durch Austausch zweier Pumpen behoben worden sei. 16 000 Euro habe der Konzern dafür investiert. Allerdings, so beklagt Metze, werde weiterhin regelmäßig sehr kurzfristig das Wasser abgestellt. »Es ist ein Lotteriespiel, ob das Wasser läuft«, sagt Anwalt Schäfer. Handwerker hätten berichtet, dass die Rohre lauter Haarrisse hätten, also permanent Schäden drohten. Dazu kommen laut Metze noch regelmäßige Fahrstuhlausfälle und eine Rattenplage.

Die Anwältin des Wohnkonzerns bestreitet systematische Probleme. Alles Einzelfälle eben. Der Anwalt ist empört. Man könne durchaus Widerklage auf Mängelbeseitigung erheben, droht er. »Ist das so erwünscht, dass ein Sachverständiger die Mängel gerichtlich feststellt?«, will er wissen. Schäfer bietet einen Vergleich an, 3450 Euro Nachzahlung wäre sein Mandant bereit, zu leisten. Die Deutsche Wohnen hat nun vier Wochen Zeit zu überlegen, ob sie darauf eingeht.

In 65 Verfahren war die Deutsche Wohnen im Dezember vor Berliner Amtsgerichten involviert, ergibt die Antwort auf eine Schriftliche Anfrage des CDU-Abgeordneten Oliver Friederici. Dazu kamen noch elf Verfahren vor dem Landgericht. Dabei geht es häufig um Mieterhöhungen, die über dem Mietspiegel liegen. »Im Falkenhagener Feld läuft seit Sommer eine Mieterhöhungswelle«, sagt Marcel Eupen vom Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV). Statt laut Mietspiegel zulässigen 5,23 Euro pro Quadratmeter verlange der Konzern im Durchschnitt 5,86 Euro, so Eupen. Aber auch bei den Betriebskostenabrechnungen gibt es Unregelmäßigkeiten zu Ungunsten der Mieter. »Ist das ein Fehler oder Absicht?«, fragt Eupen. Im vorigen Winter sei es auch zu massiven Heizungsausfällen gekommen. In dieser Saison sei bisher nur ein Haus betroffen gewesen.

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