nd-aktuell.de / 29.01.2018 / Vom Nordpol zum Südpol zu Fuß

Ich spendiere Dir Thüringer Bratwürste satt. Versprochen!

Von einer schlimmen Diagnose, warum Robby den selben Weg zweimal geht und von Träumen, die bei ihm pawlowsche Reflexe auslösen

Heidi Diehl
Abschied von Nils - doch neue gemeinsame Projekte sind schon geplant.
Abschied von Nils - doch neue gemeinsame Projekte sind schon geplant.

Ein (fast) faules Wochenende liegt hinter Robby, das er in San José der Hauptstadt Costa Ricas verbrachte. Er hat sich einfach treiben lassen, sich unter die Leute gemischt, ein bisschen einen auf Tourist gemacht. Allein! Denn Nils, der ihn ein paar Wochen lang begleitet hat, musste zurück nach Hause nach Mexiko. «Es war mal wieder ein schwerer Abschied, als ich ihn zum Flughafen begleitete. Nils war mir nicht nur ein toller, perfekt Spanisch sprechender Begleiter, er ist mir in den Wochen auch zu einem guten Freund geworden», sagt Robby. Und: «Mach's gut mein Freund, ich freu mich schon auf unser Wiedersehen und auf neue gemeinsame Projekte.»

Nun also ist Robby mal wieder allein. Doch er wollte das Wochenende auch für ein Gespräch mit einem möglichen neuen Begleiter nutzen, der ihn die nächsten Tage bis an die Grenze zu Panama begleitet. Ob es geklappt hat, oder besser, wer die nächsten Tage Robbys neuer Mann für alle Fälle sein wird und auch «Dodge Franky» fährt, muss ich an dieser Stelle offenlassen. Denn jetzt, da ich den Text schreibe, ist es in Costa Rica erst kurz vor halb vier Morgens, und Robby schläft hoffentlich noch. Denn der neue Tag wird wieder anstrengend: Er legt dem Läufer - wie fast jeder Tag - rund 50 Kilometer vor die Füße, die er bis zum Abend zurückzulegen hat. «Ich hetze zwar nicht durch die Landschaft, aber einen gewissen Zeitplan muss ich schon einhalten, um bis Ende des Jahres, spätestens Anfang 2019 den Südpol zu erreichen», erzählte er mir. Dabei bewegt er sich gewissermaßen immer entlang der Panamericana, der insgesamt 48 000 Kilometer langen Schnellstraße, die den amerikanischen Kontinent von Nord nach Süd verbindet. Wer will, kann über die Panamericana von Alaska bis Feuerland befahren, mit einer Ausnahme: Zwischen Yaviza in Panama und Nordwest-Kolumien ist die Straße auf einer Länge von 90 Kilometern unterbrochen und endet mitten in Panama im Dschungel.

Das beschert auch Robby und mit ihm «Dodge Franky» einen Umweg. Doch zunächst werden sie die nächsten Tage - Robby zu Fuß, das Auto mit einem neuen Begleiter in dessen Windschatten - noch ein paar Tage in Costa Rica unterwegs sein, dann die Grenze zu Panama queren und so lange entlang der Panamericana laufen, bis es nicht mehr weitergeht. «Wenn ich schon mal da bin, will ich auch die Stelle sehen, an der beim längsten Highways der Welt nichts mehr geht», verrät Robby. «Dort kehren wir um, um nach Colon, einer Hafenstadt an der Karibik, zu laufen, wo das Auto aufs Schiff verladen wird und von wo aus wir gemeinsam eine Seereise nach Cartagena in Kolumbien antreten, bei der wir uns rund 17 Stunden lang den Seewind um Nase und Kühler wehen lassen.»

Apropos Kühler: In Nicaragua hat es «Dodge Franky» arg erwischt. Er konnte das Wasser nicht mehr halten, hustete vor sich hin und gab dann ganz auf. Ein herbeigerufener Autodoktor untersuchte den (bis dahin) treuen Gefährten und versuchte dann, Robby und Nils die niederschmetternde Diagnose möglichst schonend beizubringen: Der Kühler habe den Geist aufgegeben, ohne einen neuen würde sich das Auto keinen Millimeter mehr bewegen. Da leider keine Krankenkasse die Kosten für die Transplantation und Genesung übernimmt, wurde das neue, lebenswichtige «Organ» für «Dodge Franky» zu einer teuren aber notwendigen Angelegenheit. Inzwischen ist er wieder putzmunter und mobil unterwegs.

Dodge Franky ist krank und Robby traurig - inzwischen sind beide aber wieder bestens drauf.
Dodge Franky ist krank und Robby traurig - inzwischen sind beide aber wieder bestens drauf.

Neben diesem ärgerlichen Erlebnis brachte Nicaragua - wie schon die Länder vorher - wieder zahlreiche Begegnungen mit freundlichen und hilfsbereiten Menschen. Und mit gigantischen Naturphänomenen und Landschaften. «Zumeist», so Robby, «waren wir fast allein unterwegs. Nicaragua ist - sieht man mal von der Hauptstadt Managua ab - touristisch noch sehr wenig erschlossen, Wandertouren sind hier noch ein echtes Abenteuer. Damit hatte ich so nicht gerechnet.» Auch in anderer Hinsicht war Robby von dem Land etwas überrascht. Es gibt dort unglaublich viel Privateigentum, große Teile der Wirtschaft sind in US-amerikanischem Besitz, in der Hand von europäischen Konzernen oder gehören der Familie von Präsident Ortega. Irgendwie kommt mir das ganze Land auch eher wie eine Diktatur denn einer Demokratie vor.« Manche Situation empfand Robby trotz aller Wertschätzung und Aufmerksamkeit für sein Unternehmen aber auch etwas skurril. »Als wir die Gernze von Honduras nach Nicaragua passierten, warteten dort schon ein ganzer Bus voller Journalisten auf uns. Jeder wollte ein Interview, etliche Fernsehstationen drehten kurze Filme. Einer der Reporter schien es besonders gut machen zu wollen. Zunächst erzählte er seinen Zuschauern über mein Woher und Wohin, doch dann gingen mit ihm die Pferde durch und er erklärte überschwänglich und mit großem Pathos in die Kamera, ich hätte ihm gesagt, dass ich sei ein glühender Verehrer von Daniel Ortega und seiner Frau sei. Dabei hatten wir überhaupt nicht über Ortega gesprochen.«

Großer Bahnhof am Grenzübergang von Honduras nach Panama. Die versammelte Presse lädt zum Interview.
Großer Bahnhof am Grenzübergang von Honduras nach Panama. Die versammelte Presse lädt zum Interview.

In Nicaragua war Robby, wie auch in allen anderen Ländern, die er bisher durchlaufen hat, natürlich auch wieder auf der Suche nach einem landestypischem Mitbringsel für sein Museum zuhause. Diesmal waren es Zigarren, die es dem Nicht(mehr)raucher angetan hatten. Nein, rückfällig werde er nicht, versichert er, aber aus Nicaragua kämen sehr viele und sehr gute Zigarren. Also mussten sie mit! In anderen Ländern hat er ein Poncho oder Kaffee eingekauft. Manches hat Ralf schon mit nach Deutschland genommen, anderes wird Nils schicken. Sein größter Wunsch ist, am Ende der Reise seinen, bis dahin hoffentlich treuen Begleiter »Dodge Franky« mit nach Hohenmölsen nehmen zu können, um ihm in Robbys Laufmuseum einen Ehrenplatz zu geben. Robby, ich drücke Dir fest die Daumen, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht!

Bis dahin ist aber noch etwa ein Jahr Zeit. Solange muss er wohl auch noch auf die Erfüllung eines ganz anderen Wunsches warten: echte Thüringer Klöße. »Ich habe so einen Heißhunger darauf - mit Gulasch oder einem schönen Braten mit viel Soße«, erzählte er sehnsüchtig am Telefon. »Das verfolgt mich manchmal bis in meine Träume. Genau so, wie das Verlangen nach einer echten Thüringer Bratwurst.« Die erste übrigens, so versprach er, will er 2019 im Ziel des GutsMuths-Rennsteiglaufs in Schmiedefeld am nd-Stand essen. Womit sich schon mal alle Mitglieder des nd-Rennsteiglaufteams die Teilnahme des zweifachen Ehrenkapitäns bei dem alljährlichen Familientreffen vormerken können. Und Robby: Ich spendiere Dir dort Rostbratwürste satt. Versprochen!