nd-aktuell.de / 31.01.2018 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 16

Geldwäsche made in Germany

Deutschland befindet sich laut einem Index unter den Top Ten der Schattenfinanzplätze

Simon Poelchau

Die Deutschen lieben ihr Bargeld. Sie fürchten wenige Sachen mehr, als dass man ihnen ihre geliebten Scheine und Münzen nimmt. Deswegen kann hierzulande im Gegensatz zum Mafiamutterland Italien ohne Obergrenze mit Bargeld bezahlen werden. Und deswegen verteidigt die Bundesbank mit allen Mitteln den 500-Euro-Schein gegen Bemühungen der Europäischen Zentralbanken, diesen größten Geldschein der Währungsunion aus dem Verkehr zu ziehen.

Doch diese Affinität zum Bargeld hat auch ihre Schattenseiten. Sie ist ein Grund, warum Deutschland beim Schattenfinanzindex 2018 neben Luxemburg als einziger EU-Staat unter die Top Ten der weltweit größten zwielichtigen Finanzzentren landete. Denn große Scheine und große Mengen Bargeld tauchen oft dort auf, wo viel Schwarzgeld gewaschen wird.

»Deutschland ist weiterhin eine Geheimnisoase für ausländisches Vermögen«, erklärt Markus Meinzer vom Netzwerk Steuergerechtigkeit, das den Index herausgibt. Der 10-Punkte-Plan von Ex-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als Reaktion auf die Enthüllungen rund um die Panama Papers sei »völlig unzureichend« gewesen. »Gleichzeitig bremst Deutschland bei Verschärfungen auf EU-Ebene und hat beschlossene Änderungen nur unvollständig umgesetzt«, so Meinzer. Dadurch verschlechterte sich Deutschland im Vergleich zum vorherigen Index sogar um einen auf den siebten Platz.

Meinzer und seine Kollegen vom internationalen Tax Justice Network analysierten für den Schattenfinanzindex anhand von 20 Indikatoren, wie sehr dubiose Vermögende hoffen können, dass ihr verschleiertes Vermögen in einem Land tatsächlich auch geheim bleibt. Den so ermittelten Wert gewichteten sie mit dem Anteil des jeweiligen Landes am globalen Markt mit grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen.

Dies ist auch der Grund, warum auf dieser inoffiziellen Schwarzen Liste ganz andere Staaten stehen, als auf der offiziellen Schwarzen Liste der EU. Diese stellte Brüssel im Dezember auf. Nachdem von den ursprünglich 17 Ländern Mitte Januar acht gestrichen wurden, stehen auf der Liste nur noch Amerikanisch-Samoa, Bahrain, Guam, die Marschallinseln, Namibia, Palau, St. Lucia, Samoa und Trinidad und Tobago. Staaten also, die kaum Anteil am globalen Finanzmarkt und so gut wie kein politisches Gewicht haben.

Auf der Liste des Netzwerk Steuergerechtigkeit steht stattdessen die Schweiz ganz oben. Die Mutter aller Steueroasen hat gleichzeitig ein relativ hohes Level an Geheimhaltung und mit 4,5 Prozent relativ viel Anteil am weltweiten Finanzmarkt. Auf Platz zwei kommen mittlerweile die Vereinigten Staaten, die sich laut Experten immer mehr zu einem Magneten für Schwarzgeld entwickeln. Dabei ist im Schattenfinanzindex noch nicht die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump berücksichtigt. Zum einen haben die USA mit 22,3 Prozent den weitaus größten Anteil am grenzüberschreitenden Geldverkehr. Zum anderen beanspruchen sie zwar von anderen Ländern rege Daten aus dem automatischen Informationsaustausch, geben im Gegenzug aber anderen Steuerbehörden wenig Informationen. Auch beteiligen die USA sich als einzige große Volkswirtschaft nicht am Programm zur Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD.

Was Deutschland noch weit vor den klassischen EU-internen Steueroasen wie den Niederlanden, Irland und Malta unter die Top Ten des Schattenfinanzindex bringt, ist neben seinem Gewicht auf dem Finanzmarkt der Umstand, dass Immobilienregister nicht öffentlich sind und bei Steuerverfahren die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann. Vor allem aber bieten auch neue Regeln genügend Schlupflöcher, die es ermöglichen, die tatsächlichen Eigentümer einer Firma zu verschleiern.