Tag der trockenen Leitungen

Der südafrikanischen Metropole Kapstadt geht das Wasser aus

  • Benjamin Dürr, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.

Autowaschen ist in Kapstadt verboten. Ebenso Schwimmbäder füllen. Duschen sollen die Bewohner der südafrikanischen Großstadt nicht länger als eine Minute. An diese Maßnahmen haben sich die Kapstädter schon fast gewöhnt. Dennoch droht der Metropole das Wasser auszugehen. Ab Februar dürfen die Bewohner deshalb nur noch höchstens 50 Liter Trinkwasser am Tag verbrauchen. In Deutschland liegt der Durchschnittsverbrauch bei 121 Litern pro Person täglich. Kapstadt kämpft nach drei trockenen Wintern mit einer extremen Wasserknappheit. Die Staudämme sind nahezu leer. Wenn es nicht regnet oder der Wasserverbrauch drastisch zurückgeht, kommt in wenigen Wochen kein Tropfen mehr aus den Leitungen.

Jeden Tag veröffentlicht die Stadtverwaltung den aktuellen Wasserstand und -verbrauch. Der »Tag Null«, wenn die Leitungen abgestellt werden, ist derzeitigen Berechnungen zufolge am 12. April. Dann sind die Reservoirs nur noch zu 13,5 Prozent gefüllt - der kritischen Marke. Danach werden nur noch bestimmte Gebiete in der Stadt versorgt, zum Beispiel dicht besiedelte Armenviertel, um Ausbrüche von Krankheiten und Bränden zu verhindern. Die restliche Bevölkerung muss dann ihre Wasserration an einer von 200 öffentlichen Ausgabestellen abholen. 25 Liter pro Tag wird es dann nur noch für jeden geben. Das Problem wird sich noch über Monate hinziehen, denn frühestens Ende Mai wird wieder Regen erwartet.

Bürgermeisterin Patricia De Lille sieht nicht genug Willen bei manchem Kapstädter, den schlimmsten Fall zu vermeiden. »Es ist unglaublich, dass einer Mehrheit die Lage egal zu sein scheint«, sagt De Lille. »Viele glauben offenbar, ›Tag Null‹ werde nicht kommen.« Damit meint die Bürgermeisterin wohl vor allem die Bewohner der reichen Viertel, die sich beim Sprengen ihres Rasens und dem Füllen ihres Swimmingpools bisher wenig um die Knappheit scheren.

Kapstadt, am Fuß des Tafelbergs, liegt nicht weit vom südlichsten Punkt Afrikas, wo sich Atlantischer und Indischer Ozean berühren. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Einwohnerzahl von zwei auf vier Millionen verdoppelt, dazu kommen rund zwei Millionen Touristen jährlich und viele landwirtschaftliche und Weinbau-Betriebe. Die Metropole ist fast vollständig von Staudämmen abhängig, andere Quellen wie Grundwasser wurden bisher kaum angezapft.

Doch der eigentliche Grund für die Wasserknappheit sei der Klimawandel, erklärt Kevin Winter, Umwelt- und Geografie-Experte an der Universität Kapstadt. Die einzige Möglichkeit derzeit sei, Wasser zu sparen. Es gebe Pläne und Vorbereitungen für die Folgen des Klimawandels - doch diese seien auf lange Sicht entwickelt worden, erklärt Winter. Nun scheinen die Folgen des Klimawandels viel schneller zu spüren zu sein als erwartet.

Kapstadt ist damit eine der ersten Weltstädte, die die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen. Trinkwasserknappheit wird in Zukunft jedoch mehr Großstädte treffen. Dschidda in Saudi-Arabien beispielsweise baut seine Reservoirs aus, um die Austrocknung der Stadt zu verhindern. Mit einer Kapazität von mehr als zwei Millionen Kubikmetern hat die Stadt mit ihren Tanks bereits den Weltrekord aufgestellt.

Die Kapstädter können nun zeigen, ob es ihnen gelingt, gemeinschaftlich eine Krise zu verhindern. »Der Zeitpunkt, um im Interesse jedes Einzelnen zu handeln, ist jetzt«, sagt Bürgermeisterin De Lille. »Wir können mit einer grundsätzlichen Änderung unseres Verhaltens beginnen und so verhindern, dass uns das Wasser ausgeht.« epd/nd

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