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Streitbar geblieben

Krimiautor und mehr: Horst Bosetzky wird 80

  • Jan Eik
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war ein scheinbar gradliniger und müheloser Weg, der den Schüler der Neuköllner Rütli-Schule zum geachteten Professor und viel gelesenen Erfolgsautor führte. Horst Bosetzky, der an diesem Donnerstag seinen 80. Geburtstag feiert, wuchs im Neuköllner Hinterhof und, wie er nie zu erwähnen vergisst, im geliebten Schmöckwitz auf. Nach einer Lehre bei Siemens studierte er an der FU Volks- und Betriebswirtschaft, Soziologie und Psychologie. Das Geld fürs Studium verdiente er als Verfasser von Krimiheften - eine Nebentätigkeit, die seinen weitgefächerten Interessen entsprach.

Die Laufbahn als Verwaltungs- und Organisationswissenschaftler begann für den jungen Herrn Doktor (und glühenden 68er!) in Bremen - in seinen wenig später erfolgreichen Kriminalromanen zu »Bramme« verfremdet. Hinter dem Kürzel -ky versteckt, schuf er gemeinsam mit anderen Autoren eine neue Spielart des westdeutschen Krimis: den Soziokrimi, wie er fortan hieß.

Erst 1981 gab der Erfolgsautor sich zu erkennen. Da lehrte er längst als etablierter Professor an der Fachhochschule für Verwaltung und Recht im heute abrissreifen Ku’damm-Karree. Die Studierenden schätzten ihren von konservativer Seite oft hart angegangener »Folien-Hotte«. Den focht es nicht an, dass die FH in die ehemalige Berliner Bezirkszentrale des MfS in Friedrichsfelde umzog. Seine Verbindungen in den Osten hatte der gebürtige Köpenicker nie aufgegeben. Zwei seiner Romane waren in der DDR in der DIE-Reihe erschienen. 1989 war der Leipziger Steffen Mohr sein Ko-Autor eines ersten Ost-West-Krimis.

Die Krimi-Autoren aus Ost und West kamen sich nicht zuletzt durch ihn und Fred Breinersdorfer schnell näher und schlossen sich in der Vereinigung deutschsprachiger Krimiautoren, dem Syndikat, zusammen. Zehn Jahre lang hieß deren Vorsitzender Bosetzky. Und da die Fähigkeiten eines solchen Organisationsgenies nach dessen Emeritierung nicht brachliegen durften, hauchte der mehrfach wiedergewählte Vorsitzende Horst Bosetzky dem Schriftstellerverband VS Berlin/ver.di für weitere vierzehn Jahre Gesamtberliner Leben und Aktivität ein. Das eigene literarische Schaffen kam dabei nicht zu kurz. Mit der vielbändigen Familiensaga der Bosetzky/Matuschewskis, zahlreichen weiteren historischen Romanen und der Kappe-Reihe bei Jaron begeisterte er eine große Leserschar.

Was den streitbar gebliebenen Prof. em., der ein klares Wort nie scheut, darüber hinaus auszeichnet, bedarf einer Liste so lang wie die seiner Veröffentlichungen. Der nimmermüde Leichtathlet, Jogger, Wanderer und notorische ÖPNV-Nutzer mit Bettler-Diplom bleibt bekennender Fußball- wie Fontanefan und -kenner, in der preußischen Geschichte ebenso zu Hause wie in der Heimat- und Kriminal- und Verkehrsgeschichte Berlin-Brandenburgs. Über all das hat er geschrieben und wird es hoffentlich bald bei besserer Gesundheit weiterhin tun. »Streifzüge durch meine Heimat« (Jaron) und »Abgerechnet wird zum Schluss« (Gmeiner), in dem sein Lieblingskommissar Mannhardt in tödliche Gefahr gerät, sind die beiden zum Geburtstag erschienenen Bücher.

Berlins Stadtobere täten übrigens gut daran, gelegentlich einen Blick in Bosetzkys organisationswissenschaftliche Arbeiten zu riskieren. »Was nicht ist, kann nie werden - Möglichkeiten und Grenzen der Veränderung von Verwaltungsapparaten« heißt eine davon.

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