nd-aktuell.de / 01.02.2018 / Kultur / Seite 15

Aufschrei

Es geschah am 1. Februar 1968. Der Saigoner Polizeichef erschießt vor den Kameras westlicher Reporter den 34-jährigen Nguyen Văn Lém, Mitglied der Nationalen Front für die Befreiung Südvietnams (FNL). Das Foto des für Associated Press arbeitenden Reporters Eddie Adams ging um die Welt, hat einen millionenfachen Aufschrei entfacht, Menschen aufgewühlt und aufgeschreckt, die 68er-Protestbewegung maßgeblich befeuert. Obwohl es auch eine Filmsequenz der mörderischen Szene gibt, ist das Schwarz-Weiß-Foto zur Ikone der Proteste gegen den schmutzigen Krieg der USA in Indochina geworden. Und spricht noch heute Menschen an.

Daran konnte auch Adams nichts ändern, der sich später von seinem berühmtesten »Schnappschuss«, der zum Pressefoto des Jahres gekürt und mit dem Pulitzer-Preis gewürdigt wurde, distanzierte: »Der General tötete den Vietcong; mit meiner Kamera tötete ich den General. Standfotos sind die mächtigste Waffe der Welt.« Den Fotografen barmte der General, der nach diesem Februartag vor 50 Jahren selbst für den treuesten Verbündeten des Saigoner Regimes, die USA, eine Persona non grata wurde.

Das Foto war auch beim Vietnamkongess in Westberlin am 17./18. Februar ’68 zu sehen. Und es bot moralische Schützenhilfe den just zu jener Zeit ihre große Tet-Offensive startenden FNL-Kämpfern. An die Solidarität mit Vietnam erinnert derzeit eine Ausstellung im Foyer des »nd«-Redaktionsgebäudes in Berlin. nd Foto: dpa/AP NY/Eddie Adams