Wenn das Säbelrasseln ruht

Sieben Tage, sieben Nächte: Es war ein Traum der Olympier in der Antike, während der heiligen Sportspiele alle vier Jahre die Waffen ruhen zu lassen

Als das Internationale Olympische Komitee die Winterspiele 2018 an die südkoreanische Stadt Pyeongchang vergab, war die heutige Weltlage nicht vorauszuahnen. Natürlich, die koreanische Halbinsel ist schon seit langem ein politischer Spannungsherd. Aber damals, im Juli 2011, stand Barack Obama noch am Anfang seiner US-Präsidentschaft; der Friedensnobelpreis, der ihm als Vorschuss mitgegeben worden war, hatte noch Glanz. Und in Nordkorea regierte Kim Jong Il und lieferte sich halbwegs übersichtliche politische Scharmützel mit den USA.

Jetzt, eine Woche vor Beginn der Spiele, sieht die Lage anders aus. Die USA machen eine politische Rolle rückwärts und werden von einem marktschreierischen Egoisten regiert. Und Kim Jong Il starb ein halbes Jahr nach der Olympiavergabe. Seither herrscht sein Sohn Kim Jong Un; anfangs belächelt, inzwischen gefürchtet, denn er hat das Atomraketenprogramm des Landes drastisch forciert. Das pubertäre Imponiergehabe von Trump und Kim wäre ein Fall für schlechtes Kino - wenn dahinter nicht ein riesiges Konfliktpotenzial stünde.

Es war ein Traum der Olympier in der Antike, während der heiligen Sportspiele alle vier Jahre die Waffen ruhen zu lassen. Ein Traum schon damals: Selbst im Streit um das Recht, die Spiele zu veranstalten, brachen Kriege aus. Und die Wettkämpfer waren oft genug gut gedrillte Soldaten.

Als der französische Baron Pierre de Coubertin Ende des 19. Jahrhunderts die Olympia-Idee wiederbelebte, wollte er damit auch diesen Friedensgedanken reanimieren. Nicht zuletzt in einem Europa, das Kriege in dichter Folge erlebt hatte. Coubertin wollte nicht nur, aber auch zur Völkerverständigung beitragen. Ein romantischer Traum, bis heute. Denn wer Krieg führen will, lässt sich von Olympia nicht aufhalten. Olympia ist wegen der Weltkriege mehrfach ausgefallen; aber noch kein Krieg wurde wegen Olympia nicht geführt. Zwar ruft die UNO regelmäßig zum Olympischen Frieden auf - aber wen interessiert es?

Olympische Spiele sind ein Abbild ihrer Zeit. Kalter und heißer Krieg, Propaganda, Boykotte und Sanktionen, ungebremster Kommerz, Betrugs- und Dopingaffären begleiten sie unausweichlich. Wir schauen in diesem wochen-nd auf das Sportereignis, das trotz allem viele Menschen fasziniert. Wir schauen auf das geteilte Land, das die politische Kulisse für Olympia 2018 abgibt. Und wir haben nachgesehen, wie es in der olympischen Geschichte mit der Gleichstellung von Männern und Frauen aussieht. Dass die von Frauen erkämpften Medaillen genauso viel wert sind wie die der Männer - anders, als es Coubertin seinerzeit wollte -, darüber immerhin muss heute niemand mehr diskutieren.

Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht Wolfgang Hübner.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal