nd-aktuell.de / 06.02.2018 / Politik / Seite 6

Dresdner Moschee-Bomber wollte ein Fanal

Radikalisierter Pegida-Redner bekennt sich zu Anschlägen

Hendrik Lasch, Dresden

Nachdem die Bombe am Abend des 26. September 2016 vor der Tür des unscheinbaren Hauses im Dresdner Stadtteil Cotta hochgegangen war, fanden Ermittler überall im Hof deren Überreste. Ein Blechdeckel in der Einfahrt des Nachbargrundstücks war mit Filzstift beschriftet: »Mosche«, stand darauf. So unvollkommen wie die Rechtschreibung war wohl auch der Sprengsatz, den Nino K. baute und vor der in dem Haus ansässigen Ditib-Fatih-Camii-Moschee platzierte. Dass der in seiner Wohnung befindliche Imam, seine Frau und die zwei kleinen Söhne nicht zu Schaden kamen, liegt nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Dresden nur daran, dass die Bombe nicht richtig zündete.

Dass er die Explosion verursachte, hat der Täter jetzt gestanden. »Ich bekenne mich schuldig«, sagte der 31-jährige K. am zweiten Tag des Prozesses, in dem er vor dem Landgericht Dresden angeklagt ist. In einer kurzen, von ihm selbst verlesenen Erklärung räumte er auch ein, dass er die Tat bereue. Während ihm die Anklage neben der Sprengstoffexplosion auch versuchten Mord und versuchte schwere Körperverletzung in vier Fällen zur Last legt, betonte der durch eine DNA-Spur überführte Täter, er habe nicht beabsichtigt, Menschen zu verletzen oder gar »in Gefahr des Todes« zu bringen. Geplant habe er indes »einen Feuerball und einen lauten Knall«, die gewissermaßen ein Fanal sein sollten: »Ich wollte ein Zeichen setzen.«

Welcher Art das Zeichen sein sollte, führt K. im Gerichtssaal nicht näher aus. Wer sich auf Video die Rede anhört, die er im Sommer 2015 auf einer Bühne auf dem Dresdner Altmarkt hielt, ahnt indes, warum sich der Anschlag gegen die äußerlich nicht als solche erkennbare Moschee richtete. K. trat damals auf einer Kundgebung von Pegida auf; Cheforganisator Lutz Bachmann begrüßte ihn als »unseren Nino«. In seiner Ansprache verlas K. einen Brief, den er angeblich an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschickt haben wollte. Darin wird Merkel selbst als »Volksverräterin« bezeichnet, Migranten, Linke und Grüne werden bepöbelt - und der Islam zur »Massenvernichtungswaffe« erklärt. Sollte die Bundesregierung ihre Flüchtlingspolitik nicht ändern, droht der Absender des Briefes, werde es zum Bürgerkrieg kommen.

Gut ein Jahr später sah der junge Mann wohl die Zeit zum Handeln gekommen. Der »bekennende Pegida-Anhänger« habe sich im Umfeld des islamfeindlichen Bündnisses radikalisiert, heißt es in der von Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz verlesenen Anklage. Sein Ziel sei »mittelfristig auch die Vertreibung der Muslime aus Deutschland« gewesen. Dazu diente der vor der Moschee gezündete Sprengsatz, der, wie Ermittlerfotos vom Tatort zeigen, neben mit Gas gefüllten Kartuschen auch Flaschen mit Grillanzünder enthielt; zudem war Kohleanzünder durch die Druckwelle weiträumig in dem Hinterhof verteilt worden. Die Tür ins Innere der Moschee war angekohlt, das Mauerwerk verrußt.

Daneben wollte K. wohl auch ein zweites »Zeichen« setzen. Gut 20 Minuten nach dem ersten jagte er einen zweiten Sprengsatz in die Luft: auf dem Dach des Internationalen Kongresszentrums am Ufer der Elbe. In dem Gebäude war wenige Tage später ein Auftritt von Bundespräsident Joachim Gauck geplant. Anlass war die zentrale Feier zum Tag der deutschen Einheit, die 2016 in Sachsens Landeshauptstadt ausgerichtet wurde - und die durch üble Pöbeleien von Pegida-Anhängern gegen Bundespolitiker und andere Festgäste in Erinnerung ist.

Womöglich hatte K., der als Klimatechniker arbeitete und schließlich im Dezember 2016 auf einer Baustelle in Hessen verhaftet wurde, weitere Anschläge geplant. Den Ermittlern zufolge soll er zwei Sprengsätze in der Elbe versenkt haben. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fand sich noch eine weitere Bombe Marke Eigenbau, diesmal ausgerüstet mit zwei Zeitschaltuhren. Allerdings bestreitet der Angeklagte, weitere Anschläge erwogen zu haben: Der Bausatz sei in diesem Fall nur »für Silvester als eine Art Feuerwerk« gedacht gewesen.