»Das Handy-Verbot hat nichts mit der Realität zu tun«

Sollen Smartphones an Bayerns Schulen offiziell zugelassen werden? Auch die CSU stellt zumindest eine Lockerung der Regeln in Aussicht

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München. Das Handy-Verbot an Bayerns Schulen wackelt. Erst vergangene Woche stellte die Landtags-CSU im Bildungsausschuss eine gewisse Lockerung in Aussicht. So plant Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) im Frühjahr einen runden Tisch, um sich mit Eltern, Schülern und Lehrern auszutauschen und neue Lösungsansätze zu finden. Am Mittwoch präsentierten nun SPD und Grüne ihre Gesetzentwürfe im Plenum des Landtags. Auch die Sozialdemokraten zielen auf eine Lockerung des Verbots - die Grünen wollen es aufheben.

»Es wird der Realität nicht mehr gerecht«, sagte Thomas Gehring, bildungspolitischer Sprecher der Grünen. So heißt es im bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, dass Handys in der Schule nicht erlaubt sind - es sei denn, sie werden im Rahmen des Unterrichts verwendet, oder ein Lehrer gestattet eine Ausnahme. Die Grünen fordern eine komplette Aufhebung des Handy-Verbots. »Unser Entwurf bedeutet keine Abschaffung von Regeln, sondern macht sie erst möglich«, betonte Gehring. Demnach soll es den Schulen überlassen werden, wie sie die Handy-Nutzung auf dem Schulgelände handhaben möchten.

Auch die SPD hält die aktuelle Regelung für veraltet. »Wir möchten das Verbot lockern und sinnvolle Regelungen finden«, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Simone Strohmayr. »Generell sollte die Schulstunde aber weiterhin eine handyfreie Zone bleiben.« Schulleitung, Lehrer, Elternbeirat und Schüler sollten in die Entscheidung über die Nutzung miteinbezogen werden.

Die neu aufgeflammte Diskussion um das Verbot begrüßt Simone Fleischmann sehr. »Die Praxis ist viel weiter als die Politik«, sagt die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands. »Das Handy-Verbot hat nichts mit der Realität zu tun.« Das Smartphone gehöre mittlerweile zum Alltag - sowohl von Lehrern als auch von Schülern. »Die Welt wird immer digitaler. Und da ist die Diskussion um ein Handy-Verbot wirklich nicht mehr zeitgemäß.«

»Die Einschränkung macht keinen Sinn«, sagt Florian Schwegler vom Landesschülerrat Bayern. Das Handy sei für die heutige Generation eines der wichtigsten Kommunikationsmittel. Von der Politik wünsche man sich die Integration von Mediennutzung im Lehrplan sowie pädagogische Konzepte zur sinnvollen Nutzung und digitale Schulbücher. Uri Sharell von der Stadtschülervertretung München macht einen Vorschlag für den Chemieunterricht: »Es gibt mittlerweile gute Apps, mit denen chemische Reaktionen simuliert werden können.« Eine höhere Nutzung von Handys im Unterricht könne »durchaus bereichernd« sein.

Der Bayerische Elternverband hält ein Handy-Verbot dagegen nach wie vor für unverzichtbar und auch zeitgemäß. »Der Umgang mit den Medien wird nicht dadurch gelernt, dass die Nutzung vollkommen freigegeben wird«, sagt die stellvertretende Vorsitzende Henrike Paede. Außerdem müsse der Unterricht frei von Störungen durch Handys ablaufen können, und die Schüler müssen sich auf den Unterricht konzentrieren. dpa/nd

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