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Ollis Olympia

Oliver Kern hat sich die Gusche verbrannt

Als ich mich auf die Reise ins Land der Winterspiele vorbereitet habe, ging ich ins koreanische Restaurant und bestellte Bibimbap, ein typisches Landesgericht mit Reis, Gemüse, Ei und in diesem Fall Rindfleisch. Da es ein Resteessen ist, sind die Zutaten variabel. Obwohl ich scharfes Essen mag, hatte mir die unterm Spiegelei versteckt Chilipaste schon damals Tränen in die Augen getrieben. Als ich sie zur Seite schieben wollte, sagte die Kellnerin, dass Bibimbap »umgerührter Reis« bedeutet. Kneifen galt also nicht.

Ich denke, dass damals wohl zu viel von der Paste ins Gericht getropft sein musste, also versuche ich es heute im »Yongwoodong« in Pyeongchang noch einmal. Zur Sicherheit bestelle ich aber die Variante mit nur einer von drei möglichen Chilischoten auf der Karte. Schon beim ersten Bissen brennt die Zunge, beim zweiten der ganze Mund, beim dritten die Speiseröhre, denn ich habe schon aufgehört zu kauen. Ich schlucke lieber gleich, um das Essen nur so lang wie nötig im höllisch schmerzenden Mund zu behalten.

Nach dem vierten Löffel überlege ich, meine Zunge draußen in den Schnee zu stecken, bestelle aber erst mal meine dritte Flasche Wasser. Der Ami neben mir hat auch Bibimbap bestellt. Mit zwei Schoten! Er isst es seelenruhig, während mir die Servietten ausgehen, mit denen ich mir den Schweiß von der Stirn wische. Es ist amtlich: Ich bin ein Weichei.

Mir läuft die Nase, der Körper will alles loswerden. Da wird mir klar, dass auch das Bibimbap irgendwann wieder raus will, und ich denke an Michael Mittermeiers alten Witz: Schnell ins Krankenhaus und sich das scharfe Zeug unter Vollnarkose rausoperieren lassen. Früher hab ich drüber gelacht, gerade halte ich es für die beste Option.

Ich kämpfe: ein Löffel nach dem anderen. Der Kellner lacht mich an. Nein, er lacht mich aus. »Diese Europäer!«, sagt dieses Lachen. »Denken, sie sind die Größten, weil sie mit Ski weiter springen und auf Schlitten schneller rodeln, aber beim Bibimbap flennen sie!« Das spornt mich irgendwie an. Ich gebe nicht auf und ess die Schale leer. Aber morgen bestell ich Pizza.

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