Nächster Test für Kurz

Österreichs Konservative auf Hochkurs / SPÖ hofft auf neuen Wind durch neue Landeschefin Elisabeth Blanik

  • Manfred Maurer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.

Günther Platter kann diesem Wahlsonntag gelassen entgegenblicken - und mit dem Tiroler Landeshauptmann der neue Kanzler Sebastian Kurz in Wien. So Ende Januar bei der Landtagswahl in Niederösterreich, als die ÖVP mit rund 50 Prozent die absolute Mandatsmehrheit geholt hat, dürfte auch die Tiroler ÖVP am Wahlabend Grund zu jubeln haben. Für die mit den Grünen koalierenden Christdemokraten ist ein Überspringen der 2013 knapp unterschrittenen 40-Prozent-Marke zu erwarten.

Denn für die ÖVP läuft es derzeit rund wie lange nicht. Und das liegt nicht nur an ihrem neuen Superstar in Wien, der zumindest bislang im Regierungsalltag noch keine Abnutzungserscheinungen zeigt. Die Gewinnchancen resultieren aber auch aus früheren Turbulenzen: Der Tiroler ÖVP, die bis in die 1980er Jahre Wahlergebnisse über 60 Prozent gewohnt war, hatten in diesem Jahrtausend immer wieder Abspaltungen zugesetzt. Diese Neo-Parteien sind mittlerweile in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.

Spannender ist die Frage, ob Platter seine Koalition mit den Grünen fortsetzen wird, oder ob er sich wie Kurz in Wien die FPÖ ins Boot holt, oder ob er gar eine Retrokoalition mit der SPÖ ins Auge fasst. Vor allem der Wirtschaftsflügel in der ÖVP würde lieber mit den Sozialdemokraten als mit den Grünen regieren. Die SPÖ könnte das sogar aus einer Position der relativen Stärke heraus tun. Denn während sich die Grünen, die 2013 noch mit 12,6 Prozent zur drittstärksten Kraft geworden waren, nach dem Zerfall der Bundes-Grünen und deren Rausflug aus dem Nationalrat im vergangenen Oktober noch immer im Jammertal befinden, dürfte die SPÖ mit ihrer neuen Landeschefin Elisabeth Blanik das bei der letzten Landtagswahl markierte Rekordtief von 13,7 Prozent hinter sich lassen.

Was angesichts der neuen Verhältnisse im Bund naheliegend scheint, ist es tatsächlich nicht. In Tirol sind sich ÖVP und FPÖ nicht so grün wie in Wien. Platter hält sich nicht zurück mit Kritik an Verbalentgleisungen von Rechtspopulisten. Als Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) davon sprach, Flüchtlinge in zentralen Lagern »konzentrieren« zu wollen, war Platter einer der wenigen ÖVP-Politiker, die das offen kritisierten.

Doch obwohl die FPÖ kurz darauf mit der Nazi-Liederbuchaffäre in der Burschenschaft ihres niederösterreichischen Spitzenkandidaten Udo Landbauer noch weiter ins rechtsradikale Eck rutschte, hat sie in Tirol wieder zurück in die ihr so genehme Opferrolle gefunden. Und das verdankt sie ausgerechnet dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der ohnehin stets als vermeintliche Spielwiese der Linken im Visier der Rechtspopulisten stehende ORF hat sich in diesem Wahlkampf tatsächlich grobe Schnitzer erlaubt: Vom im verkehrsgeplagten Tirol vielbeachteten Münchener Transitgipfel berichteten die ORF-Abendnachrichten vor zwei Wochen zwar die Teilnahme der deutsche Verkehrsministers Christian Schmidt (CSU), den Namen seines österreichischen Gegenübers, Norbert Hofer von der FPÖ, verschwieg die Redaktion aber.

Spannend wird es am Sonntag auch für die liberalen Neos, die nach Wien, Vorarlberg und Niederösterreich erstmals auch in Tirol den Einzug in den Landtag schaffen möchten. Die Fünf-Prozent-Hürde ist Umfragen zufolge in Reichweite.

Unterm Strich wird es Sonntagabend jedenfalls wohl mehr Sieger als Verlierer geben: Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache werden ein weiteres Erstarken ihrer Parteien abfeiern, während die Genossen wie schon in Niederösterreich zumindest ein Licht am Ende des Tunnels bejubeln können.

In Kärnten geht es dann schon am 4. März für SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser um die Wurst. Er könnte von ÖVP und FPÖ um seinen Posten gebracht werden.

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