nd-aktuell.de / 27.02.2018 / Serienkiller / Seite 17

Gelegenheitsjobs und Gelegenheitssex

In der Serie »Nix Festes« scheitern Berliner um die 30 schwungvoll an der Leistungsgesellschaft

Jan Freitag

Großstädter der Jahrgänge 1980 bis 2000 haben es schwer. Beziehungsunfähig und beruflich prekär, hangeln sie sich von Date zu Date, von Praktikum zu Praktikum, von Job zu Job und kommen doch nicht richtig vom Fleck. Da wird es Zeit, dieser sogenannten Generation Y auch im Fernsehen eine Stimme zu geben. Gern humoristisch, unbedingt eindrücklich, jedenfalls laut hörbar, die Sprache ist relativ egal, solange sie eins nicht ist: deutsch.

Wann immer hierzulande Jugendkulturen dargestellt werden, geht es nämlich herzhaft in die Hose. Das ist auch in der neuen Sitcom von ZDFneo nicht grundlegend anders. Die Miniserie widmet sich einer Alterskohorte, deren Mitglieder laut Titel alles haben, wollen, schaffen, nur eben: »Nichts Festes«. International sind diese bindungsgestörten Adoleszenzverweigerer grandios inszeniert worden. In der australischen Sitcom »Please Like Me« zum Beispiel ringt der schwule Showrunner Josh Thomas als sein Alter Ego um Geborgenheit und scheitert daran so brüllend tragikomisch, dass es sogar lustiger ist als die Netflix-Serie »Master of None«, in der dem indischstämmigen Schauspieler Dev Ähnliches widerfährt, nur eben in New York.

Beide zeigen auf deprimierende Art, was das globale Angebot dem hiesigen voraus hat. In vier Episoden à 30 Minuten geht es in »Nix Festes« ab diesem Dienstag darum, die Phase moderner Metropolenbewohner um die 30 humorvoll auszuleuchten. Gut so. Denn fürs strukturell überalterte Publikum machen strukturell überalterte Sender strukturell überaltertes Programm, weshalb es vor Best-Agern auf Traumschiffen nur so wimmelt. Vier deutsche Digital Natives sind also schon mal äußerst erfrischend.

Verkörpert von Sebastian Fräsdorf, Josefine Preuß, Tim Kalkhof und Marie Rathschek, leben Jonas, Wiebke, Basti und Jenny auf zwei Wohngemeinschaften verteilt in Berlin und kriegen zwar wenig auf die Reihe, das aber mit Schwung. Beruflich wie emotional orientierungslos, suchen sie kollektiv nach der großen Liebe zur fabelhaften Festanstellung oder zumindest ab und an etwas Sex plus Gelegenheitsjobs. Was sie stattdessen finden, sind jedoch flüchtige Online-Dates und Start-up-Ideen. Es ist ein blendendes Alltagschaos, in das Regisseur Christoph Schnee sein Ensemble genüsslich stürzen lässt.

Verantwortlich dafür sind Markus Barth und Lars Albaum. Gut geschult als Autoren erfolgreicher Komödien von »Mord mit Aussicht« über »Switch reloaded« bis »Dani Lowinski«, sorgen sie auch hier dafür, dass viele Dialoge durchaus treffend sind.

Das Problem ist allerdings typisch deutsch: Regisseur Schnee - selbst Teil der Generation Golf - vertraut nur selten auf die Zugkraft des Wortwitzes allein, weshalb dieser permanent von übertriebener Mimik unterstützt wird. Besonders der Serienstar Josefine Preuß tut sich und dem Format keinen Gefallen damit, zu jedem Ulk ostentativ die Stirn zu kräuseln.

Besonders wegen ihres Kollegen Tim Kalkhof als schwuler Lebenskünstler Basti ist »Nix Festes« aber dennoch vielfach von einer recht unterhaltsamen Wahrhaftigkeit. Wenn der notorisch betriebsblinde Optimist nach der Rückkehr vom Klo fragt, ob irgendwas passiert sei, und sich selber antwortet: »Ach nee, ist ja ne Hetenkneipe«, wirkt das in fünf Sekunden lustiger als fünf Stunden Atze Schröder, für den Christoph Schnee auch mal gearbeitet hat.

Praktisch ohne Budget gedreht, verdient die Sitcom also durchaus Aufmerksamkeit. Zumindest, bis Dev in der nächsten Staffel »Master of None« zurückkehrt. Soll nicht mehr lange dauern.

22.45 Uhr, ZDFneo, weitere Folgen: dienstags, jeweils 22.45 Uhr