Fahrt zum Brocken wird teurer

Harzer Schmalspurbahnen befördern im Jahr mehr als eine Million Fahrgäste

  • Uwe Kraus, Wernigerode
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf dem Brocken stürmt es eisig in diesen Tagen, die Züge der Brockenbahn bringen trotzdem täglich tausende Touristen auf den höchsten Gipfel im Norden. Etwa 714 000 Reisende nutzten 2017 die Brockenbahn, mit der die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) in Wernigerode drei Viertel ihrer Erlöse erzielten. 265 000 Reisende zählte im Vorjahr die Harzquerbahn bis Nordhausen, 89 000 fuhren nach Angaben des Bahnunternehmens mit der Selketalbahn.

HSB-Geschäftsführer Matthias Wagener verweist auf einen Jahresumsatz von über 13 Millionen Euro. Trotzdem werden Dampflok- und Schmalspurfans seit 1. März stärker zur Kasse gebeten. Für Hin- und Rückfahrt auf den Brocken müssen sie mit 43 statt 41 Euro tiefer in die Tasche greifen. Das sei dem erheblichen Investitionsaufwand für das 140,4 Kilometer lange Streckennetz, die Infrastruktur, die Technik und den Service geschuldet, hieß es. Mit dem ersten Spatenstich für eine »Gläserne Werkstatt« am Ochsenteich wird die über 90 Jahre alte Wernigeröder Fahrzeugwerkstatt der HSB umgestaltet. Alle redeten vom Outsourcing, die HSB gehen den entgegengesetzten Weg, so die Geschäftsführung. Revisionen und Reparaturen in verschiedenen deutschen Werkstätten werden immer kostenintensiver. Jeden fünften Reisezugwagen, zehn Dampf-, eine Diesellokomotive sowie drei Triebwagen beträfe das allein 2017 und 2018. Außerdem erneuerte die HSB ihre Gleise auf einer Länge von rund 1800 Metern, 1300 davon in Thüringen, während 2018 mit Schwerpunkt in Sachsen-Anhalt weitere 2600 Meter geplant seien. »Mittlerweile sind die Aufwendungen für Gleissanierungen bereits doppelt so hoch wie noch vor sieben Jahren«, so HSB-Sprecher Dirk Bahnsen.

Neu bei der HSB ist ein Nachmittagsticket für 37 Euro. Geschäftsführer Wagener hofft, dass damit das Fahrgastaufkommen Richtung Gipfel entzerrt wird. Die Vormittagszüge zum Brocken garantierten nicht immer Sitzplätze für alle. »Schmalspurwagen als Doppelstockzüge, die Idee haben wir schnell ad acta gelegt«, so Wagener. Auf der eingleisigen Strecke zwischen Schierke und Brockenplateau soll anders Abhilfe geschaffen werden. So könnte der Takt von 45 auf 30 Minuten verkürzt werden. Das Problem: Nur am Bahnhof Goetheweg mit seinem Ausweichgleis könnten sich Züge kreuzen. Gedanken, nach einem und zwei Dritteln der Brockenstrecke zwei neue Bahnhöfe zu errichten, bestätigte Wagener, verweist aber auf die sensible Natur.

Wie übel die Natur den Bahnern 2017 mitgespielt hat, belegen die Ausfallzeiten. So verkehrten an 18 Tagen keine Züge zum Brocken. Nicht nur wegen Schneeverwehungen, sondern durch Starkregen und das Holtemme- und Bodehochwasser auch im Sommer. Im Januar 2018 gab es erneut große Schäden. Sturmtief »Friederike« blockierte mit 650 Bäumen die Gleise auf allen drei HSB-Strecken teilweise eine Woche lang. »Da war Kyrill ein Waisenknabe, damals mussten wir nur 320 Bäume beseitigen.«

Am 1. Februar 1993 übernahm die Harzer Schmalspurbahnen GmbH den Betrieb von der Deutschen Reichsbahn. Heute arbeiten noch 40 Prozent der damaligen Beschäftigten bei den HSB. Die demografische Entwicklung und der Fachkräftemangel machen auch nicht an den Schranken der Kleinbahnen Halt. Erstmals in der über 25-jährigen Geschichte des kommunalen Unternehmens war ab 29. April 2017 bis Anfang September für Monate der Ersatz von Zügen im Selketal durch Busse nötig. Unterdessen absolvierten 59 Menschen eine Aus- und Fortbildung, um die 260-köpfige Mannschaft der Schmalspurbahnen zu verstärken. Beim Nachwuchs gibt es mit derzeit 19 Lehrlingen keine Probleme. Die jungen Leute auch aus anderen Bundesländern und selbst aus den Niederlanden wollen sich im Harz ihren Dampfzug-Traum erfüllen.

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