Tausende Kunstwerke liegen noch im Wasserturm

Rostocker Kunsthalle bekommt ein Schaudepot mit einer Ausstellungsfläche von 1100 Quadratmetern

  • Danuta Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.

Von sich reden machte das Haus in den letzten Jahren durch feine DDR-Ausstellungen wie »Bilder machen Schule« über Kunstwerke aus Schulbüchern (2014) oder »Sibylle«, die Zeitschrift für »Mode und Kultur« mit Fotografien von Arno Fischer, Sibylle Bergemann, Roger Melis, Günter Rössler, den Mahlers. Auch Günter Richter, Georg Baselitz und Norbert Bisky stellten hier aus. Und internationale, vor allem skandinavische Künstler wie der schwedische Fotograf Gerry Johansson. Das Gebäude mit seiner reliefartigen weißen Fassade bekommt derzeit einen Anbau. Im September des vergangenen Jahres war Richtfest für ein Schaudepot.

Die Kunsthalle an der heutigen Hamburger Straße war der einzige Museumsneubau der DDR. Der Künstler Jo Jastram eröffnete am 15. Mai 1969 die Halle, deren Baukosten sich von einer auf zwei Millionen Mark verdoppelt hatten. Auf dem idyllisch gelegenen Grundstück am Schwanenteich auf dem Weg nach Warnemünde stand zuvor eine alte Holzkirche. Zur Ostsee-Biennale 1969 wich sie der Kunsthalle, die 1964 von den Architekten Martin Halwas und Hans Fleischhauer konzipiert und für das überregionale Ereignis gebaut wurde. Seit 1969 bot die Biennale die Möglichkeit, Kunst aus westlichen Ostseeländern zu zeigen. »Es bestand zu DDR-Zeiten bereits ein ›weicher‹ Kontakt zu Skandinavien und auch zu den baltischen Staaten« so Guntram Porath, Programmleiter der Kunsthalle.

Architekt Hans Fleischhauer durfte in den 1960er Jahren nach Skandinavien fahren, um sich Inspirationen zu holen. Er brachte neben Ideen für natürliche Materialien wie Holz, Backstein, Glas auch »klaren Minimalismus« aus dem kühlen Norden mit. Das starke Zugehörigkeitsgefühl zur traditionellen Hanse stand immer mit im Raum. Die Halle für zeitgenössische Kunst gab sich architektonisch zeitgenössisch und flexibel mit einem offenen Innenhof für Skulpturen. Sogar ein Depot war im Grundriss bereits vorgesehen. Um das Gebäude entstand ein Skulpturengarten mit Plastiken von Fritz Cremer, Sabine Grzimek, Jo Jastram und Wieland Förster. »Die Kunsthalle ist ein qualitätsvolles Beispiel der deutschen Moderne und kann in einem Zug mit dem Römisch-Germanischen Museum Köln und der Akademie der Künste im Hansaviertel Berlin genannt werden«, so Architekt Maik Buttler in »Denkmal Ostmoderne II«.

Seit zehn Jahren kümmert sich der Verein »Pro Kunsthalle« um die Ausstellungen. Man teilt sich die Arbeit mit der Stadt, die die Hardware liefert. Um die Hülle und die Neubauten kümmert sich der kommunale Immobiliendienstleister KOE: »Schaudepots gibt es sehr selten, beispielsweise in der Schweiz, weil beide Ansprüche haben: Menschen und Kunstwerke. Es ist eine Gratwanderung. Die Menschen müssen atmen, die Körper geben Wärme ab, brauchen Licht. Kunstwerke haben andere sensible klimatische Bedürfnisse« sagt Josefine Rosse vom Immobiliendienstleister KOE. Mittels einer Gemäldezuganlage können die Leute dann sehen, was tatsächlich im Depot liegt. Im Moment ist das noch ein mechanischer Kraftaufwand. Die Neu- und Umbauten sind ein ständiger Prozess.

Derzeit besuchen 70 000 Menschen im Jahr die Kunsthalle. 13 000 Kunstwerke (allein 8500 Grafiken u. a. von Otto Dix, Max Liebermann und Ernst Barlach) liegen im Wasserturm und in Räumen der Kunsthalle, die dann für andere Funktionen frei werden. Das Schaudepot hat auf 27 mal 27 Metern eine Ausstellungsfläche von 1100 Quadratmetern auf zwei Etagen. Bis Ende 2018 soll der 4,5 Millionen Euro teure Bau fertig sein. Die große Sanierung mit dem Umbau zur barrierefreien Kunsthalle steht im nächsten Jahr zum 50. Geburtstag an.

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