nd-aktuell.de / 06.03.2018 / Politik / Seite 2

Wenig Einigkeit in der Opposition

Vier Fraktionen werden der Großen Koalition gegenüberstehen. Inhaltlich liegen sie weit auseinander

Aert van Riel

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob die vier künftigen Oppositionsparteien gut mit der Fortsetzung der Großen Koalition leben könnten. In den Umfragen haben AfD, FDP, Linkspartei und Grüne in den Monaten seit der Bundestagswahl im September einige Prozentpunkte hinzugewonnen oder sie sind weitgehend stabil geblieben. Doch in den kommenden Monaten beginnt für sie ein harter Wettbewerb, bei dem es vor allem darum gehen wird, wer die größte öffentliche Aufmerksamkeit erhält. Eine Zusammenarbeit zwischen einigen Oppositionsfraktionen ist nur punktuell denkbar. Inhaltlich liegen sie nämlich weit auseinander.

Viele Blicke werden sich nun auf die AfD richten, die sich am rechten Rand positioniert. Sie ist die größte Oppositionsfraktion. Ihre Fraktionsführung darf in der Regel im Bundestag direkt auf eine Regierungserklärung der Kanzlerin antworten. Bisher galt diese ungeschriebene Regel. Grundsätzlich wird die Reihenfolge der Redner allerdings allein vom Bundestagspräsidenten bestimmt. AfD-Fraktionschef Alexander Gauland hat angekündigt, die Bundesregierung bei den Themen Europa und Migration angreifen zu wollen.

Die Rechten werden dann einmal mehr eine Intensivierung der Flüchtlingsabwehr fordern.
Die AfD gilt aus Sicht der anderen Fraktionen als wenig professionell. Ihr wurde zuletzt vorgeworfen, dass ihre Anträge und Gesetzesentwürfe schlampig formuliert wurden und schlecht gemacht seien. Für die meisten Unterstützer der AfD spielt das aber nur eine untergeordnete Rolle. Protestwähler erwarten von ihrer Partei in erster Linie verbale Krawalle im Parlament.

FDP und Grüne waren hingegen vor einigen Monaten dazu bereit, über eine Regierungsbildung mit der Union zu diskutieren. Die Verhandlungen scheiterten offensichtlich an den Freien Demokraten. Die FDP wird nach den Worten ihres Vorsitzenden Christian Lindner nun eine »smarte Opposition« sein und keine politischen Feindschaften pflegen. Die Fraktion wird nicht zu allem Nein sagen.

Zuletzt konnte die Bundesregierung etwa bei der Verlängerung von Bundeswehreinsätzen im Ausland wie in Afghanistan auf die Zustimmung der FDP-Abgeordneten zählen. Auch bei der von Schwarz-Rot geplanten Lockerung des Kooperationsverbots in der Bildungspolitik könnten FDP und Grüne möglicherweise zustimmen.

Zugleich wollen sich die Freien Demokraten aber um ihren Markenkern kümmern. »Bürger und Betriebe müssen entlastet werden«, sagte Lindner gegenüber dem »Handelsblatt«. Dabei geht es ihm um Steuersenkungen, von denen vor allem Besserverdienende profitieren würden.

Kleinste Oppositionspartei sind erneut die Grünen. Die Große Koalition wird trotzdem zuweilen auf die Zusammenarbeit mit der Ökopartei angewiesen sein. Denn Schwarz-Rot benötigt Stimmen aus Ländern, in denen die Grünen mitregieren, um im Bundesrat eine Mehrheit auf die Beine zu stellen. Grünen-Chef Robert Habeck bekräftigte am Montag, dass seine Partei über die Bundesländer weiterhin Einfluss nehmen werde. Ein harter Oppositions- und Blockadekurs der Grünen ist dann nicht zu erwarten. Im Laufe der Koalitionsgespräche waren sie der Union nähergekommen. Die Grünen gelten als Koalitionspartei im Wartestand.

Etwas besser als die Grünen hatte die LINKE bei der Bundestagswahl abgeschnitten. Anders als FDP und Grüne hat sie in naher Zukunft wohl keine Regierungsperspektive. In der vergangenen Legislaturperiode hatten sich Politiker von SPD, Linkspartei und Grünen öffentlichkeitswirksam in größeren Runden getroffen, um über eine mögliche Zusammenarbeit zu diskutieren. Zwar werden einige Abgeordnete der drei Parteien dafür sorgen, dass die Kontakte nicht abreißen, aber Rot-Rot-Grün ist weit von einer Mehrheit entfernt. Das liegt vor allem an der Krise der Sozialdemokraten.

In der LINKEN ist die Regierungsfrage ohnehin strittig. Die Partei wird sich nun hauptsächlich auf die Oppositionsarbeit konzentrieren. Die Parteivorsitzenden Bernd Riexinger und Katja Kipping erklärten, dass sie »gemeinsam mit allen, die soziale Gerechtigkeit wollen«, Druck auf Schwarz-Rot ausüben wollen. Die LINKE-Chefs haben hierbei Pflegekräfte, Flüchtlingshilfsorganisationen, Mieterinitiativen, Gewerkschaftsmitglieder, Klima-Aktivisten und Frauenrechtlerinnen im Blick.

Zugleich hofft man in der Linkspartei, unzufriedene Sozialdemokraten, die keine Fortsetzung der Großen Koalition wollten, für sich gewinnen zu können. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht hatte hierfür die Gründung einer linken Sammlungsbewegung ins Gespräch gebracht. Diese Idee ist in der LINKEN jedoch umstritten.