nd-aktuell.de / 07.03.2018 / Ratgeber / Seite 26

Wenn der Senior sein Vermögen verschenkt ...

Erbrecht

OnlineUrteile.de

Ein Ehepaar hatte sein einziges Kind in einem gemeinschaftlichen Testament als (Schluss-) Erben eingesetzt. Beim Tod eines Partners sollte der überlebende Partner erben, nach dessen Tod der Sohn.

Im Alter von 84 Jahren starb 2005 die Mutter. Bald darauf lernte der Vater eine 66-jährige Frau kennen, mit der er seit 2010 in einem Haushalt zusammenlebte. In den folgenden Jahren übertrug der Senior seiner Lebensgefährtin Lebensversicherungen und anderes Vermögen im Wert von etwa 222 000 Euro.

Als er 2014 im Alter von 97 Jahren starb, forderte der fast 70 Jahre alte Sohn von der Frau das Vermögen zurück. Die Schenkungen hätten in unzulässiger Weise sein Erbteil geschmälert. Das sah die Frau verständlicherweise anders: Der Senior habe ihr mit Geschenken für intensive Rund-um-die Uhr-Pflege gedankt - so hätten sie es vereinbart.

Das Oberlandesgericht Hamm gab mit Urteil vom 12. September 2017 (Az. 10 U 75/16) dem Sohn Recht. Nach dem Tod der Mutter hätte der Vater beachten müssen, dass das Testament den Sohn zum Alleinerben bestimmte. An den Inhalt eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments sei der überlebende Partner gebunden. Stattdessen habe der Erblasser mit den Schenkungen an seine Lebensgefährtin das Erbe des Sohnes quasi wertlos gemacht.

Wären die Zuwendungen als Gegenleistung für Pflege vertraglich vereinbart worden, müsste der Sohn den Verlust hinnehmen. Wenn der Vater damit den Zweck verfolgt hätte, seine Pflege im Alter zu sichern, würde dieses Interesse Schenkungen rechtfertigen. Die Lebensgefährtin habe diese Vereinbarung aber nicht überzeugend beweisen können - und die äußeren Umstände sprachen auch dagegen.

Sie behaupte, den Vater vier Jahre lang gepflegt und ihm den Haushalt geführt zu haben. Dafür habe die Frau ein Vermögen kassiert - das wäre ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Schließlich habe der Erblasser während dieser Zeit der Lebensgefährtin auch freie Kost und Logis gewährt und mehrere Reisen finanziert. Wohnrecht im Haus nach seinem Tod stehe ihr ebenfalls zu. Die Frau müsse deshalb das Vermögen zurückgeben. OnlineUrteile.de