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Kipping: Ostbeauftragter muss wegen Hartz IV-Äußerung zurücktreten

LINKE-Chefin: Hirte verhöhnt Bezieher von Arbeitslosengeld 2 / Sachsens SPD schließt sich Kritik an

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die LINKE-Ko-Vorsitzende Katja Kipping hat den neuen Ostbeauftragten wegen seiner Äußerungen zu Hartz IV zum Rücktritt aufgefordert. Der CDU-Politiker Christian Hirte starte »mit der Verhöhnung der Hartz-IV-Bezieher« und springe dem designierten Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei, sagte Kipping »Zeit Online« am Dienstag. »Hirte hat sich damit bereits disqualifiziert, den Job sollte er jemand anderem überlassen.«

Im Zusammenhang mit der Diskussion um den zwischenzeitlichen Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel hatte Spahn gesagt, auch ohne die Tafeln müsse hierzulande niemand hungern. Hartz IV bedeute nicht Armut, sondern sei die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut. Die Äußerungen stießen nicht nur bei SPD, Grünen und LINKEN, sondern auch bei einigen CDU-Politikern auf Kritik.

Hirte stellte sich dagegen hinter Spahn. »Natürlich ist es so, dass, formal gesehen, ein Hartz IV-Empfänger arm ist. Aber der Jens Spahn hat auch recht, dass wir versuchen mit Hartz IV eben dafür zu sorgen, dass keiner völlig durchs Raster fällt«, sagte er dem RBB-Inforadio. Der Thüringer fügte hinzu, er hätte die Aussagen Spahns so nicht getroffen, jedoch habe jeder seinen eigenen Politikstil.

Laut Kipping beweist Hirte, dass er wie Spahn »nicht rechnen kann«. Die Armutsrisikogrenze liege mindestens bei 1056 Euro. Der volle Regelsatz plus die durchschnittlichen Unterkunftskosten würden aber 776 Euro betragen. Es bestehe also eine Differenz von mindestens 280 Euro. »Im Klartext: Hartz IV holt die Menschen nicht aus der Armut raus.«

Auch LINKEN-Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch zeigte sich »erstaunt«, dass sich Hirte in seiner ersten Äußerung als Ostbeauftragter positiv auf Spahn beziehe. Es sei ein »denkbar schlechter Start«, wenn Hirte die »völlig realitätsferne Einschätzung« Spahns teile.

Auch die Generalsekretärin der sächsischen SPD, Daniela Kolbe, kritisierte den neuen Ostbeauftragten der Bundesregierung scharf. Sie frage sich, »ob er seinen Job verstanden hat«, sagte sie am Dienstag. Kolbe stellte in Frage, ob Hirte tatsächlich die »Stimme der Ostdeutschen« sein könne. Manche nähmen die Problemlagen vieler Bürger im Osten nicht mehr wahr, sagte die Leipziger Bundestagsabgeordnete. Das Arbeitslosengeld II sei im Osten aufgrund der hohen Erwerbslosigkeit ein kollektives Schicksal gewesen.

Wenn man sein Leben lang in die Arbeitslosenversicherung oder die Rentenversicherung eingezahlt habe, aber trotzdem schnell ins Arbeitslosengeld II oder die Grundsicherung rutsche, führe das zu berechtigter Wut, bemerkte Kolbe. »Wir brauchen jetzt ein neues Nachdenken über die Sozialpolitik und einen teilweisen Bruch mit den Prinzipien von Hartz IV.« Agenturen/nd

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