nd-aktuell.de / 17.03.2018 / Politik / Seite 1

Seehofer auf Anti-Islam-Kurs

Heimatminister sorgt kurz nach der Amtseinführung für Eklat / Grüne: »Er schadet unserem Land«

Stefan Otto

Wohl nichts ist öder als eine aufgewärmte Debatte: Kaum ist Horst Seehofer in das Amt des neuen Bundesinnen- und Heimatministers eingeführt worden, stellt der CSU-Mann die Religionsfreiheit infrage: »Der Islam gehört nicht zu Deutschland«, sagte er der »Bild«-Zeitung am Freitag. Das Land sei durch das Christentum geprägt, so der Minister. Dazu gehörten der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten. Seehofer will aber »die bei uns lebenden Muslime« anerkennen, die gehörten »selbstverständlich zu Deutschland«. Er appelliert aber daran, die »landestypischen Traditionen und Gebräuche« nicht »aus falscher Rücksichtnahme« aufzugeben.

Seehofer erhielt für seine Äußerungen Zuspruch im eigenen Lager, eckte aber auch gehörig an. Die Linkspartei sieht darin ein Zugeständnis an die AfD. »So ein Innenminister gehört nicht zu einem religiös und weltanschaulich vielfältigen Land«, erklärte Christine Buchholz, religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Niemand fordere, Weihnachten oder Ostern abzuschaffen. »Wenn jemand den freien Sonntag infrage stellt, ist das der Einzelhandel, aber nicht die Muslime.«

Kopfschütteln hat das Seehofer-Interview auch bei den Grünen hervorgerufen. »Der Satz geht völlig an den entscheidenden Fragen vorbei«, meinte der Innenexperte Konstantin von Notz. Seehofer verhindere mit solch leeren Floskeln eine notwendige Auseinandersetzung mit den Problemen und Chancen von Zuwanderung. »Damit schadet er unserem Land.«

Weniger emotional klingt die Kritik an Seehofer bei FDP-Chef Christian Lindner. Er hält die Debatte schlicht für »überflüssig«. »Weder verlangt irgendwer die Übernahme islamischer Sitten, noch ist das Christentum Staatsreligion«, sagte er.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wittert dagegen in der Äußerung auch unionsinternen Konfliktstoff. »Es ist bemerkenswert«, sagte er, »dass der Bundesinnenminister gleich an seinem ersten Arbeitstag eine völlig überflüssige Kontroverse mit seiner Regierungschefin anzettelt.«

Vor acht Jahren hatte der damalige Bundespräsident Christian Wulff mit dem Satz »Der Islam gehört zu Deutschland« eine Diskussion angestoßen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützte diese Aussage mehrfach. Und das tat sie auch diesmal. Die historische Prägung Deutschlands sei »natürlich eine christliche, eine jüdische«, ließ sie über ihren Sprecher Steffen Seibert am Freitagvormittag ausrichten. Aber inzwischen lebten in Deutschland Millionen Muslime. »Auf Basis der Werte und Rechtsordnung gehört auch der Islam inzwischen zu Deutschland.« Später ergänzte die Kanzlerin persönlich: Es müsse alles getan werden, um das Zusammenleben zwischen den Religionen gut zu gestalten.