Kiew will Gerhard Schröder bestrafen

Ukrainischer Außenminister fordert Prüfung von Sanktionen gegen Ex-Kanzler - Bundesregierung lehnt ab

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin hat Sanktionen gegen Ex-Kanzler Gerhard Schröder ins Spiel gebracht. Klimkin sagte der »Bild«-Zeitung, Schröder sei »für Putin weltweit der wichtigste Lobbyist«. Daher solle »geprüft werden, wie die EU hier handeln kann«. Angesichts der zunehmenden Spannungen sei es »wichtig, dass es Sanktionen nicht nur gegen russische Regierungsmitglieder und russische Staatsunternehmen gibt, sondern auch gegen diejenigen, die im Ausland Putins Projekte vorantreiben«.

In einem Meinungsbeitrag der US-Zeitung »Wall Street Journal« vom Freitag war Schröder als »der wichtigste Oligarch Putins« bezeichnet worden. Er wirft die Frage auf, warum die EU bislang keine Sanktionen gegen Schröder diskutiert habe.

Der CDU-Außenexperte Elmar Brok sagte der »Bild«: »Das ›Wall Street Journal‹ hat in weiten Teilen Recht.« Es sei »ein Skandal, dass ein ehemaliger Bundeskanzler jetzt die Interessen von Putin vertritt«. Es sei »erstaunlich«, dass dies »bislang noch ohne Konsequenzen in der öffentlichen Diskussion geblieben ist«.

Der Grünen-Abgeordnete Cem Özdemir sagte der »Bild«, Schröder habe als Kanzler viel für Deutschland geleistet. »Umso ärgerlicher ist es jetzt, dass er zum Propagandisten von Putin mutiert ist.« Ein Ex-Kanzler habe auf der Gehaltsliste »eines autoritären Herrschers wie Putin nichts verloren«. Putin wolle Europa »spalten und schwächen«, lasse »Wahlen manipulieren« und halte »Teile der Ukraine völkerrechtswidrig besetzt«. Die SPD müsse klarmachen, dass Schröder nicht mehr für sie spreche, sagte Özdemir. »Wer Schröder bucht muss wissen, dass er ein Putin-Sprachrohr bekommt.« Der ebenfalls Grüne Omid Nouripour forderte Außenminister Heiko Maas auf, zum Russland-Engagement seines SPD-Parteifreunds Stellung zu beziehen. Schröders Tätigkeiten seien »jenseits von Gut und Böse«, sagte der außenpolitische Sprecher der Grünenfraktion am Montag im ARD-»Morgenmagazin«. Von Maas und von der SPD forderte er daher »klare Worte«: »Das wäre wirklich mal überfällig.«

Die Bundesregierung lehnt Sanktionen gegen Schröder wegen seines Russland-Engagements ab. »Die Bundesregierung, auch die Bundeskanzlerin sieht keine Veranlassung, Überlegungen dieser Art anzustellen«, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Nach seinem Ausscheiden aus der Bundesregierung wechselte Schröder zu dem Pipeline-Unternehmen Nord Stream, das für den Bau einer Gasfernleitung von Russland durch die Ostsee direkt nach Deutschland gegründet wurde. Nord Stream gehört mehrheitlich dem russischen Energiekonzern Gazprom. Das Projekt wird von Kiew heftig kritisiert, weil es Russland ermöglichen soll, Gas direkt nach Westeuropa zu exportieren, ohne dass die Ukraine als Transitland darauf Zugriff hat. 2017 wurde Schröder zum Chef des Aufsichtsrates des russischen Energiekonzerns Rosneft gewählt, den die EU wegen der Ukraine-Krise mit Strafmaßnahmen belegt hat. Agenturen/nd

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