Druck auf Facebook wächst

Zuckerberg wird sich Befragungen stellen müssen

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Berlin. Angesichts des Datenskandals um Facebook hat Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) ein neues Datenrecht angekündigt. Dieses solle von einer »in Kürze« einzusetzenden Daten-Ethikkommission erarbeitet werden, sagte Braun dem »Handelsblatt«. Die Grundlage für ein »modernes Datenrecht« solle innerhalb eines Jahres geschaffen werden. Dazu gehörten alle Bereiche der Datenpolitik, auch der Umgang mit Algorithmen, künstlicher Intelligenz und digitalen Innovationen.

»Wir müssen schnell gesellschaftlich ausgleichende Regelungen für die Nutzung von Daten für die Wissenschaft sowie staatliche und private Dienstleistungen finden«, so Braun. Er reagierte damit auf die mögliche missbräuchliche Gewinnung und Verwendung von Facebook-Benutzerdaten durch die britische Firma Cambridge Analytica. Zeitungen hatten am Wochenende berichtet, Cambridge Analytica habe mittels einer App Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzern abgefischt und daraus ohne Wissen der Nutzer Persönlichkeitsprofile für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump erstellt.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg entschuldigte sich am Mittwoch nach tagelangem Schweigen bei den über zwei Milliarden Nutzern seines Netzwerks. Er räumte persönliche Verantwortung und »Fehler« des Unternehmens ein.

Trotzdem wächst der Druck auf das Unternehmen. Politiker bezeichneten die Entschuldigung am Donnerstag als unzureichend, zudem mehrten sich die Aufrufe, Facebook den Rücken zu kehren. Zuvor war der Aktienkurs des Unternehmens auf Talfahrt gegangen. Auf seiner eigenen Facebook-Seite schrieb Zuckerberg, das Unternehmen wolle »aus dieser Erfahrung lernen« und das Netzwerk sicherer machen. In einem Interview mit der »New York Times« schloss er nicht aus, dass über Apps in der Vergangenheit möglicherweise auch Datenmengen abgerufen und »ohne unser Wissen« verkauft worden seien.

Zuckerberg versicherte, Facebook habe nach der US-Präsidentschaftswahl Schritte unternommen, die es ausländischen Regierungen erschwerten, sich mittels der Plattform in Wahlen einzumischen. Vor der US-Kongresswahl im November müsse es weitere Verbesserungen geben.

Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte am Donnerstag, Zuckerbergs Entschuldigung sei »nicht wirklich glaubwürdig«. Medienberichten zufolge wusste Facebook schon 2015 vom Abfischen der Daten.

Der Netzpolitiker Konstantin von Notz (Grüne) sagte im Radio SWR Aktuell, die Zeit des Redens sei vorbei. »Wir müssen endlich die notwendigen Gesetze machen, um die Verbraucher zu schützen.« Der EU-Abgeordnete Jan-Philipp Albrecht (Grüne) forderte eine bessere Kontrolle für Internetkonzerne. Die deutschen Aufsichtsbehörden müssten entsprechend ausgestattet werden, sagte er NDR Info.

Facebook sieht sich mit Untersuchungen von Aufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien konfrontiert. Zudem wollen Parlamente in mehreren Ländern Zuckerberg befragen. Er erklärte sich bereit, vor Mitgliedern des US-Senats auszusagen. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, sie werde Facebook-Vertreter ins Ministerium laden. Das Thema sollte auch beim EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel diskutiert werden. Laut dem Entwurf ihrer Abschlusserklärung fordern sie von sozialen Netzwerken und digitalen Plattformen, »den vollständigen Schutz der Privatsphäre und der personenbezogenen Daten der Bürger zu garantieren«. AFP/nd

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